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Archiv-Artikel

Olsens größtes Abenteuer

Russland will den USA die Flüge zur Internationalen Raumstation nicht mehr kostenlos überlassen. Stattdessen sollen lieber Weltraumtouristen fliegen

Von KV

BERLIN taz ■ Das teuerste Hotel aller Zeiten hat einen neuen Gast. Gestern morgen traf der 60-jährige US-Amerikaner Gregory Olsen, Optikunternehmer und Multimillionär, zu einem einwöchigen Aufenthalt auf der Internationalen Raumstation ISS ein. Den Flug hat sich Olsen rund 20 Millionen Dollar kosten lassen, 900 Trainingsstunden inklusive. Olsen ist damit der dritte Weltraumtourist. Als Erster war im April 2001 der US-Amerikaner Dennis Tito zur ISS geflogen, ein Jahr später der Südafrikaner Mark Shuttleworth.

Olsen war am Samstag vom russischen Raumfahrtbahnhof Baikonur mit einem Sojus-Raumschiff zur ISS gestartet, zusammen mit einer neuen Langzeitbesatzung für die Raumstation, dem russischen Kosmonauten Waleri Tokarew und dem US-Astronauten William McArthur. Mit der bisherigen ISS-Besatzung, Sergej Krikaljow (Russland) und John Phillips (USA), wird Olsen kommende Woche zurück zur Erde fliegen, ebenfalls in einer Sojus-Kapsel.

Olsen, der den Begriff Weltraumtourist ablehnt, will während seines ISS-Aufenthaltes ein umfangreiches Arbeitsprogramm absolvieren und mehrere wissenschaftliche Experimente durchführen. Für sein Unternehmen Sensors Unlimited, das unter anderem Infrarotkameras herstellt, wird der gelernte Physiker spezielle optische Kristalle züchten; im Auftrag der europäischen Raumfahrtagentur ESA soll er Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper untersuchen.

Während Olsen das „größte Abenteuer“ seines Lebens genießen will, hat sein Flug noch einmal das ganze Ausmaß der Ungewissheit über die Zukunft der ISS verdeutlicht. Seit dem Unglück der US-Raumfähre Columbia im Februar 2003 hat allein Russland den Transport der jeweiligen Besatzungen zur und von der ISS übernommen. Die russische Raumfahrtagentur Roskosmos verkaufte den jetzigen freien Sitz im Sojus-Raumschiff jedoch lieber an Olsen, als ihn beispielsweise dem ESA-Astronauten Thomas Reiter zu überlassen, der im September ursprünglich mit einer US-Raumfähre zur ISS hatte fliegen sollen. Überhaupt soll der jetzige Flug des US-Astronauten McArthur der letzte sein, den Russland im Rahmen der ISS-Kooperation angeboten hat. Für alle weiteren Flüge, einschließlich McArthurs Rückflug im März 2006, sollen die Amerikaner künftig bezahlen. In den USA jedoch sind Technologie-Geschäfte mit Ländern wie Russland, die den Iran beim Ausbau seines Atomprogramms unterstützen, gesetzlich verboten. Ob dieses Gesetz in den USA geändert werden wird, ist derzeit unklar. Für den Fall, dass die Amerikaner nicht zahlen, will Russland ab März 2006 nur noch seine eigenen Kosmonauten zur ISS schicken und gegebenenfalls freie Plätze in den Sojus-Raumschiffen ausschließlich an zahlende Touristen verkaufen. KV