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Archiv-Artikel

Verbraucherzentrale will Gaspreise absegnen

Die Verbraucherzentrale in NRW setzt sich für einen Kompromiss im Streit um den Gaspreis ein. Wer dokumentiert, hohe Preise nur weitergegeben zu haben, bekommt ein Zertifikat. Der Bund der Energieverbraucher ist empört

DÜSSELDORF taz ■ Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (VZ-NRW) feiert es als großen Erfolg: In einer Vereinbarung mit den Stadtwerken aus Lünen haben die Verbraucherschützer erreicht, dass ein erster kommunaler Gasanbieter seine Preise von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft untersuchen lässt. Die Stadtwerke Lünen lassen sich in Zukunft von den Prüfern bescheinigen, nicht an den Preiserhöhungen ihrer Gaslieferanten mitzuverdienen. Den Bericht der Wirtschaftsprüfer werden die Verbraucherschützer mittels „einer Testatkontrolle“ überprüfen kündigt die Verbraucherzentrale-NRW an.

„Lokale Energieversorger, die sich dem Transparenzverfahren unterziehen, sollen für Preisanhebungen, die sie nicht verursacht haben, künftig nicht verantwortlich gemacht werden“, kündigte Helmfried Meinel von der Geschäftsleitung der Verbraucherzentrale an. Weiter kündigt die VZ-NRW an, dass örtliche Versorger mit der Rückendeckung der Verbraucherschützer behaupten könnten, ihre Preise seien transparent. Sie müssten in der Prüfung nur belegen können, dass die Preiserhöhungen der Vorlieferanten „plausibel in die endgültigen Verbrauchspreise eingeflossen sind“.

Der Geschäftsführer der Lünener Stadtwerke, Achim Grunenberg, nennt diesen Schritt „einen großen Wurf“. Denn die örtlichen Versorger „stehen in derselben Reihe, wie der Verbraucher“, sagt Grunenberg. Für die Lünener Stadtwerke soll die Prüfung der Preisgestaltung durch die Wirtschaftsprüfer durchgeführt werden, die „uns auch den Jahresabschluss zertifizieren“, wie Grunenberg sagt.

Damit solle deutlich gemacht werden, dass die örtlichen Versorger für die momentan hohen Gaspreise nicht verantwortlich gemacht werden könnten. Wie „rund 80 andere Stadtwerke auch“ hätten die Lünener für das neue Jahr einen neuen Vorlieferanten gesucht, aber „keinen anderen gefunden, der günstiger ist, als Eon-Westfalen-Weser“, sagt Grunenberg. Gegen diesen Konzern prozessieren gerade 19 Verbraucher aus dem Raum Paderborn vor dem Kartellsenat in Dortmund, weil sie die ihrer Meinung nach zu hohen Preise des Energie-Konzerns nicht zahlen wollen.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Energieverbraucher, Aribert Peters, der rund 8.000 Vereinsmitglieder vertritt, sagt zur Unterstützung der Regionalversorger durch die Verbraucherzentrale NRW: „Wir halten davon nichts.“ Dass das Preisniveau steige, bliebe durch die Zertifizierung durch die Verbraucherzentrale unberücksichtigt. Dass Grunenberg keinen günstigeren Versorger gefunden hätte, sei „eher ein Grund, ihn zu entlassen“. Denn es gebe durchaus günstigere Möglichkeiten, Gas einzukaufen als bei Eon-Westfalen-Weser. Hinzu käme laut Peters, dass bei dem durch die VZ-NRW angeregten Verfahren die ungerechtfertigten Erhöhungen, die schon gelaufen seien, keine Berücksichtigung fänden.

Zusätzlich kritisiert Peters, dass die Wirtschaftsprüfer im Falle der Lünener Stadtwerke mit dem Auftraggeber verbunden seien und das die Stadtwerke Lünen für eine Überprüfung angeblich nur 500 Euro zahlen müssten. „Dafür setzt sich kein Wirtschaftsprüfer auch nur eine Stunde hin.“ Damit sei bewiesen, dass gar nicht ernsthaft geprüft werde.

Die nordrhein-westfälischen Gaskonzerne lässt das Vorhaben der Verbraucherzentrale kalt. Sowohl RWE Gas als auch Eon-Ruhrgas wollen erst einmal abwarten, was die Initiative der VZ-NRW bringt. Auch Eon-Ruhrgas leide unter den hohen Gaspreisen, sagt Astrid Zimmermann, Sprecherin von Eon-Ruhrgas. „Wir hatten im ersten Halbjahr Ertragseinbußen von rund acht Prozent.“ ELMAR KOK