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Archiv-Artikel

off-kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

„Ghost Dog“ (OmU) 6. 10.–11. 10. im Blow Up

Die PR-Abteilung ihres Studios warb für Virginia Mayo in aller Bescheidenheit mit dem Slogan „Die schönste Blondine der Welt“, und der Sultan von Marokko soll in ihr gar „den schlagendsten Beweis für die Existenz Gottes“ gesehen haben. Ursprünglich kam die Schauspielerin vom Vaudeville und wurde 1942 von Samuel Goldwyn für das Kino als Partnerin von Komikern wie Bob Hope oder Danny Kaye entdeckt. Der Durchbruch in einem anderen Rollenfach gelang ihr 1946 mit der Darstellung der lebenslustigen und untreuen Ehefrau eines Kriegsheimkehrers in William Wylers Melodrama „The Best Years of Our Lives“. 1949 unterschrieb sie einen Vertrag bei Warner Bros., wo sie in den folgenden zehn Jahren ihre Vielseitigkeit in allen erdenklichen Genres beweisen konnte. Die von ihr verkörperten positiven Charaktere strahlten meist eine sanfte Stärke aus, ihre „bad girls“ waren jedoch kalt und gemein. So auch die Gangsterbraut in Raoul Walshs „White Heat“ (1949), wo sie als Partnerin von James Cagney reüssierte, der hier als Psychopath mit Mutterkomplex in Erscheinung tritt (sein „Made it Ma! Top of the world!“, bevor er sich auf einem Gastank in die Luft sprengt, ist legendär). Raubein Walsh, der Mayo in insgesamt vier Filmen einsetzte, wusste, was er an ihr hatte: Es war ihre uneitle und wenig prätentiöse Darstellung, die Virginia Mayo stets so überzeugend wirken ließ.

„Carpatia“ (OmU) 7. 10., 9. 10. in der Urania

Die Menschen, die in Andrzej Klamts und Ulrich Rydzewskis Dokumentation „Carpatia“ (2004) vor die Kamera treten, haben sich einen ganz eigenen Rhythmus bewahrt. Geprägt von der ländlichen Abgeschiedenheit, in der sie leben, scheinen Stress und Hektik für die Bewohner der Karpaten nämlich immer noch Fremdworte zu sein. Die Ästhetik des Films spiegelt die Gelassenheit der Leute wider: Ruhig entfalten sich die mächtigen Landschaftspanoramen der nebelverhangenen Karpatengipfel, und ebenso unaufdringlich wie intensiv porträtieren die Regisseure Menschen verschiedener Volksgruppen, Kulturen und Religionen in den Anrainerstaaten des Mittelgebirges: Freiheit, Einsamkeit, Religiosität und Engstirnigkeit kommen zur Sprache, wenn ukrainische Landwirte, polnische Künstler und slowakische Illusionisten von ihrem Alltag erzählen. Am Ende verschweigen die Filmemacher auch nicht, dass die symbiotische Beziehung der Menschen zur wildromantischen Landschaft bedroht ist: In Rumänien vernichtet eine Goldmine nach und nach die Natur und die angrenzenden Dörfer – und die jüngere Generation der Anwohner sieht im technischen Fortschritt nur die Chancen.

Im Grunde ist Jim Jarmuschs „Ghost Dog“ (1999) eine Art Remake von Jean-Pierre Melvilles „Der eiskalte Engel“: Ein Killer, der nach den Kodizes der Samurai lebt, wird von seinen Auftraggebern verfolgt und rächt sich blutig. Im Detail sieht das bei Jarmusch natürlich ganz anders aus als bei seinem französischen Kollegen: In den ausgeklügelten Mordplänen (so kommt der Tod etwa durch das Abflussrohr) schimmert immer wieder auch eine gehörige Prise lakonischer Humor durch. Lars Penning

„White Heat“ (Maschinenpistolen) (OF) 6. 10. im Zeughauskino