: Hitler-Spuk an der Oberbaumbrücke
PROJEKT SchülerInnen erforschen die Stadt vom Wasser aus – und machen fantastische Entdeckungen
Seemänner sieht man eher selten im Kreuzberg-Museum. Doch am Freitagabend durften sie dort ihr Seemannsgarn spinnen – und langten dabei ordentlich in die Geschichtenkiste. Oder wussten Sie schon, dass die Oberbaumbrücke nach dem Zweiten Weltkrieg von den Alliierten gesprengt wurde, weil sich angeblich Hitler dort versteckt hielt? Dass er seitdem an der Brücke herumspukt?
Es sind erstaunliche Entdeckungen, die die selbst ernannten Seeleute, Siebt- und AchtklässlerInnen der Sekundarschule Skalitzer Straße, da kundtaten. Gemeinsam mit einem Kanuclub hatten sie Berlin vom Wasser aus erforscht. Und präsentierten nun ihre fantastischen Ergebnisse.
So stießen sie nicht nur auf Hitlers Geist, sondern fanden auch heraus, dass der Saft einer ganz bestimmten Birke, die am Spreeufer wächst, innerhalb einer Woche zur Liebe auf den ersten Blick führen soll. Einst wohnte zudem Cinderella auf dem Grund der Spree, so die SchülerInnen. Befreit wurde sie von einem Berliner Kaufmannssohn, mit dem sie vier Kinder bekam.
Ihre tollen Spinnereien präsentierten die Mädchen und Jungen im Kreuzberg-Museum mit einem Film. Nicht nur der Fantasieentwicklung diente das Projekt: Zuerst erforschten die Jugendlichen die Geschichte des Flusses, seiner Kreuzberger und Friedrichshainer Ufer und lernten viel Historisches und Politisches rund um die Spree. Auf der Basis dieser Tatsachen ließen sie dann ihrer Vorstellungskraft freien Lauf – und erfanden viel spannendere Geschichten. Die Realität sieht daneben ziemlich öde aus. „Viele Boote transportieren viele Güter auf der Spree“, heißt es etwa in dem Film, „einfach so aus Langeweile.“
Auch eigene Verbindungen zwischen sich, ihrer Kreuzberger Heimat und ihren Familiengeschichten konnten die SchülerInnen in dem Projekt herstellen – oder, wenn nötig, erfinden. „An der Spree riecht es an heißen Tagen wie im Libanon“, sagt einer der Seemänner im Film, „es sticht etwas in der Nase.“
Das Projekt und das Paddeln habe ihnen viel Spaß gemacht, sagen Resat, Azad, Yousef und Yoldas nach der Vorführung. Sie hätten dabei mehr gelernt als sonst in der Schule. „Wenn es Spaß macht, geht das Lernen schnell.“ Rum gab es zur Filmpremiere nicht. Die jungen Seeleute mussten sich mit Orangensaft begnügen. ALKE WIERTH
■ Weitere Vorführungstermine unter seemannsgarn.kanuclub-zur-erforschung-der-stadt.org