Durch die Weite des Raums

Man soll Band- und Projektnamen ja nicht immer so ernst nehmen. Im Gegenteil, hin und wieder kann man sogar vermuten, dass die Sache eher als Spaß gedacht ist. Das gilt höchstwahrscheinlich auch für das Berliner Trio The Swifter, benannt nach dem Komparativ des englischen Adjektivs „swift“. Versuchsweise lässt sich das übersetzen mit „Die Flinkeren“, „Die Geschickteren“ oder „Die Eiligeren“, wobei zunächst unklar bleibt, ob das Wort im Singular oder im Plural zu lesen ist.

Man hat es hier wohl mit einem in alle möglichen Richtungen offenen Ausdruck zu tun. Was gut zur Musik passt, denn Offenheit ist das zentrale Thema ihres Debütalbums. In der Grunewaldkirche traf man zum ersten Mal in dieser Besetzung zusammen, um buchstäblich die Weite des Raums mit Instrumenten und Mikrofonen zu erkunden.

The Swifter, das sind der Schlagzeuger Andrea Belfi, der Pianist Simon James Philips und der Klangkünstler BJ Nilsen. Genau genommen gehört als viertes Instrument noch die Kirche mit dazu, denn ohne ihre Resonanzen wäre diese Platte gar nicht möglich gewesen. So ist die Musik denn auch kein lautstarker hallbedingter Frequenzstau, sondern ein leises Pulsieren, ein sachtes An- und Abschwellen von fast statischen Klavierklängen, die, ähnlich wie Wolken, luftig und undurchdringlich zugleich scheinen. Dazu ertastet Belfi mit seinem Schlagzeug die Architektur des Gebäudes vom Boden bis zur Decke.

Und irgendwo im Hintergrund sind da noch die elektronischen Klänge Nilsens, die oft mit dem Klavier zu verschmelzen scheinen, sich jedoch immer wieder von ihm lösen, um ihre eigenen Wege zu gehen. „Ortsbezogen“ heißt so eine Musik oft nüchtern. Im Idealfall kann man mit ihr nachvollziehen, dass Musik eigentlich immer einen Raum und einen Körper braucht, dass Hören eine dreidimensionale Angelegenheit ist.

Davon bekommt man auf der Platte im Grunde nur eine Ahnung. Die Aufnahme hat reichlich Tiefe und Dynamik, kann aber den eigentlichen Ort natürlich nur annähernd abbilden. Was man allerdings darauf – durch die Mikrofone interpretiert – zu hören bekommt, ist so fein und faszinierend, dass man über diesen Verlust großzügig hinwegsehen kann. The Swifter verstehen es in der Tat äußerst geschickt, mit dem Raum umzugehen.

Ihre eigene Auskunft über den Namen ihres Trios lautet übrigens: „Swifters do not know they are swifters.“ TIM CASPAR BOEHME

■ The Swifter: „The Swifter“ (The Wormhole)