: Struppiger Gast
Eine bemerkenswerte Liebesgeschichte: Johanna Sinisalo liest in der Ponybar aus ihrem Roman „Troll“
Mag in Zeiten elektronisch vermittelter Kommunikation das Wort „Troll“ auch zunehmend solche Nutzer etwa von Newsgroups und Chatforen meinen, deren Beiträge („Troll-Post“) mehr auf schnöde Provokation abzielen denn auf wirklichen Austausch: Insbesondere in Skandinavien bleibt der Troll bis auf weiteres ein wohl bekannter Charakter der tradierten Mythologie.
So ist, kaum überraschend, in Finnland die Dramatikerin, TV-Autorin, Comictexterin und Essayistin Johann Sinisalo zuhause, deren wunderbares Romandebüt Troll: Eine Liebesgeschichte soeben, nach einigem Erfolg insbesondere in der englischen Übersetzung, auch hierzulande erschienen ist. Kein niedlicher Freund von Kindern und Tieren: Wenig mit seinen Verwandten etwa im Werk von Astrid Lindgren („Tomte Tummetott“) hat bei Sinasolo der kleine struppige Gesell zu tun, den der Fotograf Angel bei der nächtlichen Heimkehr in seinen Wohnblock vor einigen halbstarke Baggy-Pants-Trägern rettet.
Einen merkwürdig aphrodisierenden Duft sondert der rasch „Pessi“ geheißene Gast ab, und in Angels Leben beginnen allerlei Dinge in Bewegung zu geraten – auch wenig willkommene. Warum schließlich wegen Totschlags nach Angel gefahndet wird, während er aber längst mit Pessi auf dem Wege zu dessen Horde ist, erzählt der Roman aus immer rasanter einander abwechselnden Perspektiven – und lässt diese vordergründig unorthodoxe Erzählweise nie wichtiger erscheinen als das Erzählte. aldi
Johanna Sinisalo: Troll: Eine Liebesgeschichte, Berlin 2005. 266 S., 19,90 Euro.Lesung: Mi, 12. 10., 19 Uhr, Pony Bar (Allendeplatz 1)