: Unser König der Tiere
Heinz Sielmann, der Vater vieler Fernsehtiere, bekommt am Sonntag für sein Lebenswerk den Ehrenpreis der Deutschen Umweltstiftung. Der 88-Jährige lebt heute teils in München, teils im niedersächsischen Duderstadt, wo er gemeinsam mit seiner Frau Inge ein Natur-Erlebniszentrum aufgebaut hat
„Quick, das Eichhörnchen“ sprang schon 1952 über die Bildschirme, in der Anfangszeit des deutschen Fernsehens. In den folgenden Jahren brachte Heinz Sielmann mit Filmen wie „Zimmerleute des Waldes“ oder „Die Iltiskoppel“ weitere Wald- und Wildtiere in die deutschen Wohnzimmer. Am kommenden Sonntag In Lübeck erhält der neben Bernhard Grzimek bekannteste deutsche Tierfilmer für sein Lebenswerk den Ehrenpreis der Deutschen Umweltstiftung.
Sielmann wurde 1917 in Rheydt bei Mönchengladbach geboren, 1924 zog die Familie ins ostpreußische Königsberg. Bereits als Schüler soll er mehr Zeit mit der Beobachtung von Rehen und Hirschen als mit Lernen für die Schule verbracht haben. Seine erste Kamera bekam Sielmann im Alter von 17 Jahren geschenkt – eine Mentor-Spiegelreflexkamera, Format 9 x 12, mit einem 300-Millimeter-Zeiss-Teletessar, das bis heute als eines der besten Teleobjektive der Welt gilt.
Seinen ersten Film „Vögel über Haff und Wiesen“ drehte er mit 21 Jahren. Der Streifen wurde 1938 bei der Jahrestagung der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft aufgeführt und im später erschienenen Tagungsband gewürdigt: „Es werden in dem Film vortreffliche Einblicke in die Lebensweise einiger einheimischer Schnepfenvögel gegeben. Der Film ist das Erstlingswerk eines noch sehr jungen Autors. Er erntet reichen Beifall.“
An der von den Nationalsozialisten neu gegründeten „Reichsuniversität Warthegau“ in Posen studierte Heinz Sielmann zu Beginn des Zweiten Weltkrieges vier Semester Zoologie. 1939 wurde er zur Wehrmacht einberufen. Ornithologische Filmarbeiten über die Tierwelt Kretas, zu denen er abkommandiert wurde, bewahrten ihn 1943 vor dem Fronteinsatz. Sielmann filmte auf Kreta die seltenen Eleonorenfalken. Ihr Name geht auf eine mittelalterliche Prinzessin zurück, die ein Schutzgesetz für Greifvögel erlassen hatte.
Anfang der 50er Jahre arbeitet Sielmann eng mit den Verhaltensforschern Konrad Lorenz und Irenäus Eibl-Eibesfeldt zusammen. Jahrelange Reisen führten den Tierfilmer unter anderem nach Neuguinea und auf die Galapagos-Inseln, in die Antarktis und nach Afrika. Im Kongo entstand der bekannte Cinemascope-Film „Herrscher des Urwalds“ über das Familienleben der Gorillas.
Bis heute hat das Fernsehen mehr als 200 Tierdokumentationen von Sielmann ausgestrahlt. Allein die ARD sendete rund 170 Folgen der „Expeditionen ins Tierreich“. Daneben drehte Sielmann zahlreiche wissenschaftliche und Unterrichtsfilme. Seine großen Kinofilme wurden mehrfach ausgezeichnet. Bei den Berliner Filmfestspielen erhielt Sielmann einmal den Goldenen und einmal den Silbernen Bären. Als Autor und Herausgeber veröffentlichte er zudem mehr als 30 Bücher, darunter den autobiographischen Bildband „Mein Abenteuer Natur“.
Ende der 1980er Jahre zeichnete sich im deutschen Fernsehen eine Inflation von exotischen Tierfilmen ab. Sielmann zog die Konsequenz und widmete sich anderen Projekten. Der Film „Tiere im Schatten der Grenze“ zeigte die außergewöhnlich artenreiche Tier- und Pflanzenwelt, die auf dem deutsch-deutschen Grenzstreifen erhalten geblieben war. In seiner Sendung „Naturschutz in Deutschland – Wie retten wir unsere Zukunft?“ analysierte er 1989 das Wirken der Natur- und Umweltschutzverbände wie WWF, Greenpeace, BUND und NABU.
Heinz Sielmann, der zwischen dem niedersächsischen Duderstadt und München pendelt, ist trotz fortschreitender Naturzerstörung optimistisch geblieben. Zu guter Letzt, glaubt er, würden die Menschen doch noch erkennen, dass sie sich einschränken müssten, „wenn sie die Erde nicht in den Abgrund wirtschaften wollen“. Reimar Paul