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Archiv-Artikel

Unser Bezirk soll schöner werden

Geht es um die Pflege der Grünanlagen, setzen sowohl Anwohner als auch Bezirke auf privates Engagement. Die Grünflächenämter sind oft nur zu einer Grundinstandhaltung in der Lage

von SARA EUTENER

Am Anfang war die Beschwerde. In der Betroffenenvertretung Kollwitzplatz klagten Anwohner über wucherndes Unkraut auf der gerade erst neu gestalteten Grünfläche am Wasserturm im Prenzlauer Berg. „ ‚Unternehmen wir doch einfach etwas dagegen‘, habe ich dann zu den Leuten gesagt“, erzählt Christiane Hannemann. Damit war der „Freundeskreis Wasserturm“ geboren. Seit vier Monaten pflegt er die 15.000 Rosen und das andere Grün. „Wir jäten Unkraut, sammeln Müll, entfernen Graffiti“, erklärt Sanierungsbeauftragte Hannemann. „Erst letzte Woche haben wir Kastanienlaub gesammelt.“

Eigentlich ist das die Arbeit des Bezirksamts Pankow. Eigentlich. „Solche Initiativen werden aber zunehmen“, vermutet Matthias Köhne, der Umweltstadtrat des Bezirks. „Wir haben seit Jahren zu wenig Geld und Personal.“ Für den SPD-Politiker ist aber klar, dass Initiativen wie der „Freundeskreis Wasserturm“ kein Ersatz, sondern lediglich Unterstützung der bezirklichen Grünflächenämter sein können.

Doch diese Unterstützung ist dringend nötig. Auch in Zukunft werden für die 1.200 Hektar großen Grünanlagen Pankows nur 200 Mitarbeiter zuständig sein können. Dazu kommt, dass dem Amt für Umwelt- und Naturschutz seit sechs Jahren immer weniger Geld zur Verfügung steht. Mit einem Etat von 1,5 Millionen Euro kann auch in Zukunft keine ausreichende Pflege des Grüns geleistet werden, allein die Verkehrssicherung ist möglich.

Ilse Schwipper und ihre Nachbarin haben keinen Beschwerdebrief geschrieben, sondern gleich gehandelt. „Ich habe Blumen gekauft und die Baumscheibe vor meiner Haustür bepflanzt“, erzählt die Reinickendorferin vom Eichborndamm. Baumscheiben – so nennt man die freien Flächen um Straßenbäume. „Wir wollten Lebensqualität herstellen“, so Schwipper.

Ilse Schwipper ist mit ihrer Initiative eine Ausnahme im Norden Berlins. Das mag auch an der Politik des Garten- und Straßenbauamts liegen. „Reinickendorf ist bekannt als grüner Bezirk und soll seinen Ruf erhalten“, sagt Michael Wegner (CDU), der Baustadtrat des Bezirks. Wie der Freundeskreis in Pankow hat aber auch Schwipper Unterstützung vom Bezirk bekommen. Die Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) fand Blumenspender, und vor zwei Monaten gab es mit ihr eine große Pflanzaktion in der Straße. Mittlerweile hat jede begrünte Baumscheibe einen Paten.

„Bürger werden vor allem im direkten Wohnumfeld selbst aktiv“, berichtet Herbert Lohner. Er ist Naturschutzreferent beim BUND und Ansprechpartner für ehrenamtliche Helfer aus Berlin. „Ich vernetze die Anrufer mit bestehenden Initiativen in ihrem Bezirk oder berate sie.“ Das Wichtigste sei, dass die Bürger sich selbst engagierten, weil das Land Berlin keine flächendeckende qualifizierte Pflege mehr leisten könne, findet Lohner. Wie gut, dass die Zahl seiner Anrufer ständig steigt.

Ein Problem, selbst aktiv zu werden, hatte auch Lars Reinert nicht. Mit anderen Hundebesitzern kümmert er sich um das Hundeauslaufgebiet in der Neuköllner Hasenheide. „Viele Hundebesitzer sind auf diesen Platz angewiesen, aber die Stadt kümmerte sich nicht um die fortschreitende Verwahrlosung“, berichtet er. Nach einem Beschwerdebrief an das Naturschutz- und Grünflächenamt Neukölln dürfen die Hundehalter ihren Platz nun selbst gestalten. „Jetzt wissen die Hundebesitzer den Platz viel mehr zu schätzen“, erzählt Reinert.

So geht es auch dem „Freundeskreis Wasserturm“. Bald soll es dort eine Regelung geben: Der Bezirk leistet zweimal im Jahr eine Grundpflege. Den Rest des Jahres kümmert sich der Freundeskreis um Rosen und Rasen.