Vorhang öffnet sich, Licht wechselt

Kontraklang Das Ensemble Mosaik mit „Kommentierter Musik“ im Heimathafen

So eine Ankündigung kann durchaus für Verunsicherung sorgen. Dass nämlich kommentierend Stellung genommen werden solle zu den gespielten Kompositionen aus dem Publikum heraus, war vorab zu lesen zu dem Kontraklang-Konzert am Montag im Heimathafen Neukölln. Wenn da jetzt aber einer laut türenschlagend den Saal verlassen würde, wäre man doch ratlos: Man wüsste ja nicht mehr, ob da nun echte Empörung oder nur das Bedürfnis nach einem künstlerischen Kommentar der Antrieb gewesen wäre.

Eine derart das Publikum in Verunsicherung stürzende Situation aber gab es an diesem Montag dann nicht, kein Türenschlagen. Tatsächlich hielt sich der als „Kommentierte Musik“ annoncierte Abend mit dem Ensemble Mosaik in der Kon­tra­klang-Reihe für zeitgenössische Musik – bei der gern „neue“ Konzertformen erprobt werden – erst gar nicht mit einer wirklichen Kommentarfunktion auf.

Dafür wurde man in einer straffen Inszenierung durch das Konzert geführt. „25: Der Vorhang öffnet sich. Das Licht wechselt“, war am Anfang aus dem Off zu hören. Und tatsächlich: Der Vorhang öffnete sich, das Licht wechselte. In einem heruntergezählten Countdown erfuhr man in weiteren Regieanweisungen, dass die Musiker nun auf ihre Spielpositionen gehen, später sah man Ensemble-Mosaik-Leiter Enno Poppe als Dirigenten in einer hübsch gestalteten, dirigierten Umbaupause, der Schauspieler Albrecht Hirche verlas mit Fiepsen und Quietschen untermalte Texte von Edgar Allan Poe und „Was ist ein Naturgesetz?“ von Erwin Schrödinger.

Sogar eine Nebelmaschine kam zum Einsatz an diesem Abend – was nun wirklich nicht so oft passiert bei e-musikalischen Ereignissen. Schön machten sich die tanzenden Nebelschwaden auf der Bühne.

Diese theatralen Einlassungen bei der Inszenierung konnte man bestimmt über irgendwelche Überlegungen mit der Musik in einen Zusammenhang bringen. Musste man aber nicht. Konkrete Stellungnahmen oder Erläuterungen zum Gehörten waren es allerdings nicht.

Raubtierhaft, lärmlüstern

Weil Musik, die gab es schon auch. Mit „Shivers on Speed“ von Brigitta Muntendorf hörte man eine raubtierhaft lauernde, aufspringende und heftig zupackende Komposition, sich immer wieder in eine fragile Ruhe spielend, und mit den „Hymns & Spectral Songs“ von Christian Winther Christensen – eine Uraufführung – einen schön hingehuschten ­Klangpointillismus mit sommerfrischen Fetzen einer Kaffeehausmusik, wie aus der Ferne zugeweht. Das Stück „Therefore I Was“, in dem die Komponistin Ashley Fure die fortgeschrittene Parkinson-Erkrankung ihrer Großmutter reflektierte, suchte stolpernd und sich verkrampfend Entspannung, die sich spannenderweise nicht einstellen wollte. Und mit der „Rumpelkammer“ von Niklas Seidl – einer weiteren Uraufführung – hatte man eine gut aufgeräumte Synopse verschiedener Spielhaltungen, die von expressiver Geisterfilmmusik über eine lärmlüsterne, wie mit Krücken stampfende Minimal Music bis zum delikaten Klanggetupfe reichte.

Da gab es jedenfalls, hätte man hier auch als Publikum eine Kommentarfunktion gehabt, genügend Gründe für die „Daumen hoch“-Zustimmung. Dafür musste man jedoch warten, weil bei der Rundum-Inszenierung des Abends schlicht keine Pausen für Applaus vorgesehen waren. Erst als bis zu „0: Blackout“ runtergezählt war, fand sich Platz zum Klatschen. Dankend nahmen es alle Beteiligten entgegen. So inszeniert wie bei einer Theateraufführung. Thomas Mauch