: „Keine Fernsehfigur, sondern ein Mensch“
Krimi Hauptdarstellerin Hannelore Hoger und Regisseur Max Färberböck über den Neuanfang von „Bella Block“ als Pensionärin, die Freuden eines Lebens ohne Mord und Totschlag – und Karl Marx: „Vorsehung“, Sa., 20.15 Uhr, ZDF
Regisseur Max Färberböck
INTERVIEW DAVID DENK
taz: Frau Hoger, Sie haben 1997 gesagt: „An der Bella hänge ich sehr.“ Und zwölf Jahre später?
Hannelore Hoger: Sie ist noch immer ein rechter Arm von mir. Ich verdanke ihr viele schöne, sehr unterschiedliche Filme, wie das so ist bei wechselnden Autoren und Regisseuren.
Wie hat sich Ihr Verhältnis zur Figur im Laufe Ihrer 16 Jahre als Bella Block verändert?
So wie ich mich verändert habe. Ich sehe nicht mehr so aus wie damals, bin 16 Jahre älter geworden. Und das hinterlässt Spuren – am Körper und im Kopf. Im Kern bleibt man sich aber natürlich erhalten. Ich ess das jetzt mal eben auf (zeigt auf den Cateringteller vor sich). Fragen Sie doch mal den Färberböck was.
Zu Befehl! Herr Färberböck, Sie haben die ersten beiden „Bella Block“-Filme inszeniert und nun, nach knapp 15 Jahren, wieder einen. Warum?
Max Färberböck: Weil man mich gefragt hat. Das ZDF und die UFA-Fernsehproduktion fanden es eine gute Idee, dass derjenige, der den Anfang gemacht hat, die Zeit unmittelbar nach Bellas Pensionierung verfilmt, die Rückkehr ins Private. Und dieser Gedanke, übrigens die einzige Vorgabe des Senders, der hat mir Spaß gemacht. Denn dazu ist mir erst mal gar nichts eingefallen. Mit Krimiklischees kam man nicht weiter, weil Bella ja keine Kommissarin mehr ist. Und dann stand relativ schnell das Grundgefühl fest, dass sie ihr neues Leben genießt, das frisch ist und schön und nicht nur Mord und Totschlag. Die Geschichte dazu schrieb sich dann fast von selbst.
Frau Hoger, war es für Sie auch besonders lustvoll, diese Privatheit betonen zu können?
Ja, ich empfinde das als große Bereicherung für die Figur. Ein Chirurg kann ja auch nicht immer nur operieren – da würde er ja verrückt. Es gibt einen sehr schönen Satz vom jungen Karl Marx, den ich sehr liebe: „Nur Arbeit und kein Spiel macht dumm.“ Die Bella Block und ich, wir haben beide sehr viel gearbeitet. Wenn ich mein Leben noch mal leben könnte, würde ich einiges anders machen. Ich würde vielfältiger arbeiten wollen, noch vielfältiger – und bewusster, mir mehr Zeit zu leben nehmen.
Herr Färberböck, wie intensiv haben Sie die Reihe und die Figurenentwicklung verfolgt?
Nicht so sehr. Ich habe vier oder fünf der Filme gesehen und hatte den Eindruck, dass sich die seelische Vielfalt der Figur weiterentwickelt hat. Das war schon bei meinen Filmen das Anliegen: Im ersten war Bella eine politische Figur, eine moralische Löwin, eine überzeugte Demokratin. Als der Film sehr erfolgreich war, habe ich drauf bestanden, im zweiten alles anders zu machen, damit keine Fernsehfigur entsteht, sondern ein Mensch.
Wie groß ist für Sie als Regisseur und Autor die Verantwortung gegenüber einer von anderen vollzogenen Entwicklung?
Ich fühlte mich in der Arbeit völlig unbeschwert, weil ich mich nicht mit der Vergangenheit der Figur auseinandersetzen musste, sondern ausschließlich in die Zukunft gucken konnte.
Frau Hoger, ist Bella Block immer noch eine politische Figur?
Die Bella Block hat sich nie weit von sich entfernt. Sie wird immer eine Demokratin bleiben, wird nicht zu Hussein überlaufen – den gibt’s ja auch gar nicht mehr. Sie wird auch nicht katholisch werden oder wegen eines neuen Freundes plötzlich vollkommen andere Ansichten entwickeln. Dafür ist die Figur nicht geeignet. Das würde ich auch nicht mitmachen.
Wie lange kann das noch so weitergehen?
Nicht endlos.
Stand ein Ende der Reihe schon mal zur Debatte?
Nicht wirklich, dafür wird die Reihe vom ZDF und den Zuschauern viel zu sehr geschätzt. Mal sehen, welche Resonanz der Neuanfang der Figur im Privaten hat, sonst wird man es vielleicht auch mal bleiben lassen.
Aber konkrete Planungen gibt es nicht?
Nein, wir haben in Schweden schon einen weiteren Film mit Rolf Lassgård abgedreht und planen jetzt zwei fürs nächste Jahr – alles weitere wird man dann sehen. Ich bin ja keine 17 mehr. Sicherlich wird man sich irgendwann verabschieden müssen.
Haben Sie Angst davor?
Ja, dann kriege ich weniger Geld – was aber auch nichts macht. Ich bin mein Leben lang mit wenig Geld ausgekommen, ich war ja 28 Jahre fest am Theater engagiert. Da wurde ich finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet.
Aber ist es nicht ein seltsamer Gedanke, wenn eine Rolle, die Sie so lange gespielt haben, plötzlich weg wäre?
Wissen Sie: Der seltsamste Gedanke ist, wenn Menschen sterben, die man gut kennt, dann kann man sich schwer vorstellen, dass es sie nicht mehr gibt, dass sie nicht mehr da sind, dass sie nie wiederkommen. Und das ist, glaube ich, das Geheimnis des Lebens: dass wir uns mit bestimmten Dingen abfinden müssen. Und die liegen eben im Abschied. Das war das Wort zum Sonntag.