DIE DREI FRAGEZEICHEN : „Durchaus positiv entwickelt“
UND NUN? Ein Junge wird vom Jugendamt in einem Wanderzirkus untergebracht. Dort verschwindet er plötzlich: Die Großeltern hatten ihn in eine psychiatrische Klinik gebracht
taz: Frau Weiland, was verspricht sich das Bezirksamt Hamburg-Mitte davon, ein Kind in die Obhut eines Wanderzirkus zu geben?
Sorina Weiland: Die Überlegung in Jeremies Fall war, dass es im Zirkus einen gefestigten Rahmen gibt, einen Zusammenhalt innerhalb der Zirkusfamilie, feste Strukturen. Und auf der anderen Seite auch Aufgaben, die begeistern, wie der Umgang mit den Tieren. Neue Eindrücke und Impulse schienen wichtig. Man muss den Jungen ja auch begeistern können und motivieren. Und zumindest nach meiner Kenntnis hat er sich in den zwei Jahren im Zirkus auch durchaus positiv entwickelt.
Wie erfüllt das zuständige Jugendamt die Aufsichtspflicht, wenn der Zirkus unterwegs ist?
Projektmitarbeiter des Neukirchner Erziehungsvereins, die mit dem Zirkus zusammenarbeiten, schauen etwa alle zwei Wochen nach, wie es dem Kind geht. Nur wenn die Orte, an denen sich die Zirkusfamilie gerade aufhält, ungünstig liegen, können auch mal Abstände von drei Wochen vorkommen. Dafür dauert dann aber der Besuch umso länger. Zusätzlich hat auch der Amtsvormund Kontakt zur Pflegefamilie und zum Kind, denn auch er steht in der Aufsichtspflicht.
In den Medien hieß es, Jeremie wurde unter anderem auch deshalb in einem Wanderzirkus untergebracht, weil er aus einer Roma-Familie stammt.
Ich halte das für ein Missverständnis. So etwas passiert, wenn zum Beispiel nicht richtig zitiert wird. Die Herkunft spielt natürlich keine Rolle. Tatsächlich ist es so, dass eine Maßnahme gefunden werden sollte, die bei allen Akzeptanz findet und dem Jungen gerecht wird. INTERVIEW: LIT
■ Sorina Weiland ist Pressesprecherin im Bezirksamt Hamburg-Mitte und selbst Mutter von drei Kindern