Studentenverband schrumpft

Im Studentendachverband „fzs“ ist der Flügelkampf zwischen Jusos und Linken ausgebrochen. Hamburgs Studentenvertretung beklagt Rechtsruck – und kündigt

„Wir sind zwar Mitglied im fzs, aber uns ist gar nicht klar, wozu das überhaupt gut ist“

BERLIN taz ■ Ohne Vorwarnung sind die Hamburger ausgezogen. Knall auf Fall ist die Studentenvertretung der Hansestadt aus dem nationalen Studentenverband fzs („freier zusammenschluß von studenInnenschaften“) ausgetreten. Damit ist ein lang schwelender Richtungsstreit um die politische Linie im fzs offen ausgebrochen. Der Zusammenschluss vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von 850.000 Studierenden in Deutschland.

Auch an anderen Unis wächst der Unmut über den fzs. Im Kampf für bessere Studienbedingungen sei der Dachverband nahezu unsichtbar, monieren die Kritiker. Die Hamburger meinen gar, der fzs rücke nach rechts. In Wuppertal denkt der Allgemeine Studentenausschuss (Asta) über einen Austritt nach, Aachen verabschiedete sich bereits im Juli. Von rund 300 Studierendenschaften deutscher Unis und Fachhochschulen sind damit nur noch 83 Mitglied.

Die fzs-Leute selbst verstehen die Aufregung nicht. „Es gibt keinen Rechtsruck im Verband, und es ist auch Schwachsinn, dass finanzielle Mittel veruntreut werden“, sagt Christian Berg vom fzs.

Seit seiner Gründung 1993 begleitet den Zusammenschluss der Richtungsstreit zwischen Jusos und so genannten LiRas (linke und radikaldemokratische Hochschulgruppen). Die Jusos verstehen den Dachverband als studentische Interessenvertretung, die durch Lobbyarbeit auf die Hochschulpolitik Einfluss nehmen soll. Die Linken erwarten vom fzs dagegen eine grundlegende Opposition, die nicht an den Grenzen des Uni-Campus Halt macht. Auch zu allgemeinpolitischen Themen wie Sozialabbau oder Krieg müsse Stellung bezogen werden. Die Linken wollen auch, dass der Studierendenzusammenschluss mehr Projekte an der studentischen Basis fördert.

Bei der letzten Mitgliederversammlung im August in Köln dominierte aber der Juso-Flügel. Seitdem ist die Linke nicht mehr im fzs-Vorstand vertreten, was nicht nur in Hamburg für Frust gesorgt hat. „Die Diskussion vor der Wahl war eine Farce, weil sowieso schon alles ausgeklüngelt war“, sagt Björn Kietzmann vom Asta der FU Berlin. Die Berliner sind selbst gar nicht im fzs, weil sie Lobbyarbeit ablehnen. Sie nehmen nur als Gäste an fzs-Treffen teil. Der letzte Studentengipfel enttäuschte Kietzmann – „weil man sich nur mit Verbandsstrukturen befasste“.

Ursprünglich war der fzs mit eindeutig linker Linie gegründet worden. Nachdem der Verband 2001 eine neue Satzung bekam, die bei Abstimmungen die Größe der Unis berücksichtigt, ist es mit der linken Vorherrschaft vorbei. Seitdem ist die Politik wechselnden Mehrheiten in den Asten unterworfen.

Damit ist der Verband offen für Studierendenvertretungen, die sich als serviceorientiert verstehen. „Man merkt, dass der fzs offener wird für alle Asten“, sagt Kai Oppermann von der Uni Göttingen. Vor einem Jahr sind die Göttinger beigetreten – mit guten Erfahrungen. Nun will man den fzs weiter professionalisieren.

„Das sind ein paar Frustrierte, die das jetzt öffentlich austragen“, sagt Oppermann zu den Vorwürfen aus Hamburg. Im fzs könne man mit Jusos und mit LiRas gut zusammenarbeiten. Allerdings lehnt der Studentenausschuss Göttingen allgemeinpolitische Ansätze ab: „Hartz IV ist für uns kein Thema.“

Im Süden der Republik gibt es ganz andere Sorgen. Ab 2006 will Baden-Württemberg Studiengebühren kassieren. „Um den Widerstand zu organisieren, ist aber die Landesastenkonferenz für uns der Ansprechpartner“, sagt Daniel Schultz vom Asta Uni Konstanz. Vom fzs erwartet man nichts. „Wir sind zwar Mitglied, aber uns ist gar nicht klar, wozu das überhaupt gut ist.“ JAN PFAFF