UNO: Ostafrika als nächstes Risikogebiet

BERLIN taz ■ UN-Experten schlagen Alarm: Afrika und der Nahe Osten könnten der nächste Herd der Vogelgrippe sein – und die betroffenen Länder hätten dann sehr viel mehr Schwierigkeiten als asiatische. Die Bestätigung des Vogelgrippe-Virus H5N1 in der Türkei und Rumänien bedeute, dass dieser höchstwahrscheinlich von wilden Zugvögeln getragen werde, die sich derzeit auf dem Weg in ihre Winterquartiere in Ostafrika befänden, erklärte die UN-Agrarorganisation FAO.

Betroffen seien vor allem Äthiopien, Kenia und Tansania, so die FAO. „Diese Länder brauchen dringend internationale Hilfe, um Überwachungs- und Kontrollsysteme aufzubauen“, sagte FAO-Experte Joseph Domenech. In Ostafrika seien die Bedingungen ideal für eine rasche Ausbreitung der Vogelgrippe – und auch ihre Übertragung auf Menschen. „Die enge Nachbarschaft zwischen Mensch und Tier sowie unzureichende Seuchenkontrollsysteme in ostafrikanischen Ländern sind eine ideale Brutstätte für das Virus.“

Domenech zufolge dürften infizierte Vögel ab Dezember in Ostafrika eintreffen. Wenn sich dann das Virus dort ungestört ausbreiten könne, sei ab Frühjahr 2006 ein massiver Zuzug infizierter Vögel nach Europa zu erwarten.

„Die Vögel können überall hinscheißen und das Virus zurücklassen“, erklärte Dirk Verwoerd von der Vereinigung südafrikanischer Geflügelärzte. In Südafrika war 2004 ein Ausbruch von Vogelgrippe auf Straußenfarmen erfolgreich eingedämmt worden.

Kenia, das die Einfuhr von Vogelprodukten aus den Infektionsländern Asiens und Europas verboten hat, kündigte gestern eine verstärkte Überwachung der Zugvögel an, ebenso Marokko.

Die Angst vor Vogelgrippe gab afrikanischen Bestrebungen, das Dumping europäischer Billiggeflügelprodukte zu verhindern, neuen Auftrieb. Kongo-Brazzaville folgte dem Beispiel Kameruns und verbot den Import europäischer Hühnerfleischprodukte. Die Einfuhr verdorbener und dann tiefgefrorener Hühnerprodukte aus Europa nach Afrika hatte vor allem in Kamerun zu Protesten geführt, bis die Regierung dieses Jahr ein Importverbot verhängte.

Unterdessen bestätigte sich die weitere Ausbreitung der Vogelgrippe im euroasiatischen Raum. In Russland haben die Behörden das betroffene Dorf Jandowka unter Quarantäne gestellt. Der gesamte Geflügelbestand und auch die Wildvögel der Gegend sollten getötet werden. In China wurden im Umkreis um eine infizierte Geflügelfarm nach WHO-Angaben 91.000 Vögel getötet, nachdem dort 2.600 Enten und Hühner an Vogelgrippe gestorben waren. In Thailand wurde der 13. Todesfall eines Menschen infolge der Vogelgrippe bestätigt. Ein 48-Jähriger steckte sich beim Verspeisen infizierter Hühner an, teilte Ministerpräsident Thaksin Shinawatra mit. Damit stieg die bekannte Todeszahl in Asien auf 66. D.J.