: Mit den Wirbelstürmen leben können
Kubas Katastrophenschutz funktioniert bei Hurrikanen – dank den „Komitees zur Verteidigung der Revolution“
HAMBURG taz ■ „Die schweren Fensterläden sind ein guter Schutz gegen den Wind, die Scheiben haben wir mit Klebestreifen gesichert, und als zusätzlicher Riegel dient eine Stahlstange“, erklärt Carmen Almoñique. Die 82-jährige Kubanerin ist hurrikanerprobt und fühlt sich sicher in ihrem soliden Gründerzeithaus nahe dem Platz der Revolution in Havanna. Bei Hurrikanwarnung gehen Carmen, ihr Sohn Oscar und dessen Frau einkaufen: legen Vorräte an, sorgen für ausreichend Wasser, Kerzen und eine neue Gasflasche, um gerüstet zu sein. Jeder weiß, was zu tun ist, und ständig hat jemand ein Ohr am Fernseher oder Radio, um die Vorsorgeempfehlungen von „Radio Reloj“ oder „Cubavision“ mitzubekommen.
Die staatlichen Medien sind der zentrale Informationskanal für die „Defensa Civil“, den kubanischen Katastrophenschutz. „Alle relevanten Informationen werden über die staatlichen Medien weitergegeben. Wann der Hurrikan vermutlich eintreffen wird, genauso wie die empfohlenen Verhaltensregeln“, erklärt Omar Everleny Pérez. „Ab Böen über 150 Stundenkilometer wird in Kuba der Strom abgeschaltet, damit keine Menschen von durchtrennten stromführenden Kabeln verletzt werden können“, so der Sozialwissenschaftler der Universität Havanna. Öffentliche Einrichtungen, aber auch Geschäfte mit Notstromaggregaten sind dann verpflichtet, Fernseher und Radios zur Information der Leute aufzustellen.
Bewährte Maßnahmen, die dem Katastrophenschutz der Insel das Lob der UNO einbrachten. Die „Defensa Civil“ stützt sich dabei auf die „Komitees zur Verteidigung der Revolution“. Die auf Häuserblockebene organisierten Komitees gelten als Überwachungsinstrument der Regierung Castro, helfen allerdings bei Impfkampagnen genauso wie beim Katastrophenschutz. Ihr Vorteil: sie kennen sich bestens aus. Sie wissen, welche Häuser baufällig sind, welche Menschen dringend evakuiert werden müssen, packen an und geben diese Informationen weiter. Ein wesentlicher Grund, weshalb die über zehn Hurrikane, die seit 1996 über die Karibikinsel zogen, zwar Schäden von mehreren Milliarden US-Dollar hinterließen, aber anders als in den Nachbarländern kaum Tote kosteten. KNUT HENKEL