AM BUSBAHNHOF DER MALISCHEN HAUPTSTADT BAMAKO WERDEN MODERNE PLASTIKWINDELN FEILGEBOTEN UND EINZELN VERKAUFT
: Eine Marktlücke in Mali mit doch recht strengem Odeur

Nebensachen aus Bamako

VON KATRIN GÄNSSLER

Von wegen nach Mopti will niemand mehr fahren: Der Bus in die neue Frontstadt, hinter der das von Terroristen, Islamisten und Separatisten besetzte Gebiet beginnt, wird voll werden. Am Busbahnhof von Bamako warten gut 60 Passagiere – fast ausschließlich Frauen – auf die Abfahrt. Die verzögert sich mal wieder. Das klapprige Gefährt ist noch nicht einmal beladen worden. Die Wartenden vertreiben sich die Zeit damit, die unzähligen Kinder, die mitreisen, zu stillen oder mit Bananen, Keksen oder Reis vollzustopfen. Zu kaufen gibt es ja genug. Ständig kommt ein Händler vorbei und will Telefonkarten, Getränke, falsche Uhren und Plastikspielzeug loswerden. Wo man in Westafrika auch wartet, das Angebot ist immer gleich.

Mit einer Ausnahme. In Mali haben die Verkäufer eine Marktlücke entdeckt. Gleich drei bieten Wegwerfwindeln an. Die hellgelben Plastikhüllen, auf denen Teddybärchen lächeln, werden einzeln verkauft. Das Geschäft sollte gut laufen bei dem, was der Nachwuchs schon gefuttert hat, bis der Bus überhaupt losgefahren ist.

Irgendwann hupt der Fahrer. Gepäck eingepackt, Kinder eingepackt. Die Fahrt nach Mopti kann beginnen. Zwischen Bamako und Segou wird die Straße zur Piste. Sie sollte neu asphaltiert werden. Doch über einen Abschnitt von 50 Kilometern ruckelt der Bus über Schlaglöcher. Bauarbeiter gibt es nicht. Seit dem Staatsstreich vom 22. März schafft es die malische Regierung gerade noch, mit den Einnahmen die laufenden Ausgaben zu decken. Für Straßenarbeiten reicht das Geld nicht.

Egal wie stark die Straße ruckelt. Die kleinen Mitfahrer scheint es nicht zu stören. Erst kurz vor Segou fangen die ersten an zu jammern. Flasche in den Mund geschoben, Kekse in die Hand. Und sie sind wieder ruhig. Bis irgendwann die ersten Windeln voll sind. Der Gestank mischt sich mit dem Geruch von trockenem Staub und Diesel, der in den Bus zieht.

Auch das kleine Mädchen auf dem Nachbarsitz fängt an zu riechen. Es lacht nicht mehr, sondern zieht eine wütende Schnute. Die Mutter, eine elegant gekleidete Malierin, entschuldigt sich wortreich. Das sei immer so, wenn sie bis nach Mopti fahren muss. Sie balanciert die Kleine auf ihren Knien und kramt in ihrer Tasche. Zum Vorschein kommt eine Plastikwindel. „Die sind so praktisch“, schwärmt sie, nur wechseln könne sie die Windeln nirgendwo. Viel zu schmutzig sei es an den wenigen Haltestellen. Und hier im Bus? „Dann stinkt es umso mehr.“