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■ Ich. Immendorff Deutschland 2007, R: Nicola Graef
Der deutsche Malerstar Jörg Immendorff hatte den Mut, sich zwei Jahre lang, bis zu seinem Tod im Mai 2007, von der Filmemacherin Nicola Graef begleiten zu lassen. Neun Jahre lebte und arbeitete Immendorff im Bewusstsein, unheilbar an ALS erkrankt zu sein, einer mehr oder weniger schnell zum Tod führenden Degeneration des Nervensystems. Neben Jonathan Meese, der Mutter und der jungen Ehefrau Oda Jaune geben Freunde und Kollegen wie Franz Erhard Walther, Tilman Spengler oder Markus Lüpertz Nicola Graef Auskunft über Immendorff. Sie sprechen von der Leidenschaft des Lehrers, über den Beuys-Schüler, den bei aller Eigenwilligkeit höflichen jungen Mann. Auf alten Fotos und in Filmen ist ein Junge von scheuem Liebreiz zu entdecken, den das Bild des erfolgsverwöhnten Künstlerstars als schwer beringter St.-Pauli-Kneipier in Nietenleder nicht vermuten ließ. Natürlich setzt sich auch der gelähmte, schwer gezeichnete Künstler, der Bedeutung seines Werks bewusst, noch immer als grandioses Ego in Szene.
„Ich. Immendorff“ läuft in der Reihe „Künstler(er)leben“ am Sonntag um 16 Uhr Kino im Künstlerhaus in Hannover
■ Dicke Mädchen Deutschland 2012, R: Axel Ranisch, D: Heiko Pinkowski, Peter Trabner
„Um Familie geht es in dem Debütfilm von Axel Ranisch. ‚Dicke Mädchen‘ wurde mit einem sensationellen Budget von 517,32 Euro gedreht - und ist dennoch ganz großes Kino. Die Geschichte eines Sohnes, der mit seiner demenzkranken Mutter zusammenlebt und sich dann auch noch in deren Pfleger verliebt, gehörte zu den absoluten Highlights des Festivals. Ein wundervoll wilder und zugleich zärtlicher Film, voll von abwegigem Humor und magischen Momenten. Und lange wurde eine schwule Liebesgeschichte nicht mehr so unsexy und beiläufig erzählt wie diese.“ So schrieb Cornelis Hähnel 2011 in der taz von den 45. Internationalen Hofer Filmtagen.
„Dicke Mädchen“ läuft Do, Fr & Sa um 18 Uhr sowie So bis Mi um 20.30 Uhr im City 46 in Bremen
■ Another Year Großbritannien 2010, R: Mike Leigh, D: Jim Broadbent, Ruth Sheen
Mike Leigh ist der große Chronist des britischen Alltagslebens und mit „Another Year“ ist ihm wieder eines von seinen halb komischen, halb tragischen Gesellschaftsdramen gelungen. In vier Sequenzen, die den Jahreszeiten folgen, erzählt er von dem älteren Ehepaar Tom und Gerry. Er ist Geologe, sie Psychologin in einem Sozialamt, und beide genießen die Gartenarbeit, das gemeinsame Essen und die Feiern mit Freunden, die ihre kleinen Dramen mit ins Haus bringen. Leigh entwickelt ohne festes Drehbuch die Geschichten und Szenen mit den Darstellern. Und weil diese wie Jim Broadbent und Ruth Sheen zu seiner alteingesessenen Schauspielerfamilie zählen, wirkt der Film so leicht und natürlich, dass man auch nach den 129 Minuten das Films nur sehr ungern Abschied von diesem Haushalt nimmt.
„ Another Year“ läuft in der Originalfassung mit Untertiteln Do, Sa, Di & Mi um 20 Uhr sowie Mo um 20 Uhr mit Einführung und Diskussion im City 46