: CO2-Schleuder Altbau
ALTBAUSANIERUNG Unzureichend gedämmte Häuser erweisen sich als wahre Energie- und Geldschleudern. Moderne Umwelttechnik ermöglicht auch klimaneutrale Mietshäuser
VON ANSGAR WARNER
Die gefährlichsten Kohlendioxidschleudern in unserem Alltag haben keinen Auspuff, sondern einen Schornstein.
Rund 160 Millionen Gebäude in der Europäischen Union sind für mehr als 40 Prozent des Primärenergieverbrauchs zuständig. Den Löwenanteil des Energieverbrauchs verursachen aber die Altbauten im Bestand. „Von 2006 bis 2008 konnten hierzulande bereits über 800.000 Wohnungen umfassend energetisch saniert beziehungsweise energieeffizient errichtet werden“, lobt zwar das Bundesbauministerium, bei mehr als 38 Millionen Wohnungen insgesamt macht das jedoch nur etwa 2 Prozent aus. Um die Hälfte des Bestands zu sanieren, würden so locker fünfzig Jahre ins Land ziehen. Begreift man grünes Bauen als aktiven Klimaschutz, muss also deutlich mehr passieren.
Einige Beispiele für private Initiativen gibt es schon. Einer der Ersten, der grünes Geld und grünes Bauen zusammengebracht hat, war Rolf Disch. Der Freiburger Architekt hat mit dem „Sonnenschifffonds“ ein ganzes Dienstleistungszentrum in Plusenergie-Bauweise finanziert. Die Anleger haben also ihr Geld in ein Gebäude gesteckt, das mehr Energie produziert, als es verbraucht. Neben der besonderen Bauweise sorgen Solarstrom wie Sonnenwärme dafür, dass die Rendite des Projekts für die Anleger stimmt.
Wer das Klima retten will, kommt um die Ein- und Mehrfamilienhäuser in Stadt und Land nicht herum.
Die Berliner Klimagut AG ist etwa Vorreiterin auf dem Gebiet grüner Immobilienfonds. Mitbegründer Fabian Tacke hat bereits seit vielen Jahren Erfahrungen auf dem Gebiet der ökologischen Stadterneuerung in Berlin gesammelt: „Wir konzentrieren uns auch diesmal auf ganz normale Mietshäuser in einfacher Lage, also etwa in Reinickendorf, Kreuzberg oder Neukölln“. Dabei geht es einmal nicht um Luxussanierungen und Umwandlung in Eigentumswohnungen – im Vordergrund stehen die Dämmung der Fassaden, der Einbau neuer Fenster und die Modernisierung der Heizung. „Unser Ziel ist es, den Energieverbrauch insgesamt um zwei Drittel zu verringern“, so Tacke. Doch dabei bleibt es nicht. Die noch benötigte Restenergie soll möglichst klimaschonend erzeugt werden: „Durch den Einsatz von Biogas und Blockheizkraftwerken können wir einen emissionsneutralen Betrieb gewährleisten.“ Die Anschubfinanzierung zum Kauf der Gebäude stammt von einer Gruppe von Aktionären, zu denen unter anderem ein Solarphysiker, ein Architekt und der Herausgeber des Magazins Öko Invest gehören. Die Mittel für die Sanierung – insgesamt geht es um 3 Millionen Euro – werden über einen Immobilienfonds akquiriert, der ab Ende 2010 an den Start gehen soll. Die Mieter können sich auf mehr Wohnkomfort und sinkende Nebenkosten freuen, müssen allerdings auch mit steigenden Kaltmieten rechnen. „Das Problem ist immer die Refinanzierung solcher Maßnahmen. Hier stößt man schnell an die Grenzen des Möglichen“, weiß Ingrid Vogler, Energiereferentin beim Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). „Die heutigen Mieter müssten eigentlich mehr zahlen, damit die zukünftigen Mieter dann später einmal weniger zahlen“, so Vogler. Mieter von Wohnungsbaugesellschaften sind eher die sozial Schwächeren, denen kann man keine allzu hohen Mietsteigerungen zumuten.
Anders sieht es naturgemäß bei Eigenheimbesitzern aus – für sie zahlen sich Investitionen in die energetische Sanierung dauerhaft aus. Die nordrhein-westfälische Verbraucherzentrale hat es etwa mit Vor-Ort-Beratungen geschafft, seit 2008 tausende Haushalte zum aktiven Klimaschutz zu motivieren: „Unsere Energieberater machen eine kurze Begehung und geben Tipps, was man verbessern kann – also etwa die Dämmung der Gebäudehülle oder die Modernisierung der Heizung“, so Achim Fischer von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Im Durchschnitt wurden pro Beratung private Investitionen von etwa 18.000 Euro in die Sanierung gesteckt. Die unter dem Namen „Sparen ist machbar, Herr Nachbar“ laufende Aktion hat dadurch nicht nur zu Einsparungen geführt, die dem Heizenergieverbrauch einer 25.000-Einwohner-Stadt entsprechen würden, sondern kam der Region auch ganz direkt zugute: „Dank unserer Hilfe können mehr als 900 Arbeitsplätze in der Region für ein Jahr gesichert werden“, so Fischer.