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Archiv-Artikel

Grundschule erhält Negativpreis

Gestern wurde in Bielefeld der „Big Brother Award 2005“ verliehen. Der Preis für Datenschutz-Vergehen ging auch an eine Grundschule in Ostwestfalen: Sie hat Schülerdaten an Banken gegeben

VON ELMAR KOK

Die Grundschule Ennigloh in Bünde erhält den „Big Brother Award“ 2005 für besonders grobe Verstöße gegen den Datenschutz. Ohne Einwilligung der Betroffenen hatte die ostwestfälische Schule Daten von Schülern an örtliche Banken weiter gegeben. Die glichen die Schülerdaten natürlich mit den Namen der Eltern in der Kundendatei ab und schickten den I-Dötzen ein Angebot für ein Startkonto.

Solche und andere Vergehen werden seit dem Jahr 2000 mit dem so genannten „Big Brother Award“ prämiert. Gestern Abend zeichneten der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs, FoeBuD, und sechs weitere Organisationen – darunter die Humanistische Union, der Chaos Computer Club und die Internationale Liga für Menschenrechte – in Bielefeld unter anderem den hessischen Innenminister Volker Bouffier (CDU) in der Kategorie Politik aus: Er ist verantwortlich für das Speichern von DNA-Daten von Straftätern unter 14 Jahren und die Ausweitung der Telefonüberwachung.

Auch Otto Schily (SPD), noch Bundesinnenminister, erhielt einen „Award“ – für sein Lebenswerk. Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte, erklärte dazu nicht ganz ohne Sarkasmus: „Leider können wir hier und heute nur eine Auswahl aus der Fülle seiner beeindruckendsten Projekte und Initiativen würdigen“. Dazu zählen nach Meinung der Jury die undemokratische Einführung des biometrischen Reisepasses, der Ausbau des europäischen Überwachungssystems und seine Bemühungen um die „Aushöhlung des Datenschutzes unter dem Deckmantel von Sicherheit und Freiheitsbekämpfung“.

Solche Themen sind der Bündener Grundschule natürlich eher fremd. Vielleicht fühlen sich die Verantwortlichen in solcher Runde auch ein wenig unwohl: Ein Vertreter der Schule erschien auf der Preisverleihung in der Ravensberger Spinnerei jedenfalls nicht. Die Lehrer und Schüler feierten gestern „Herbstfest, das stand ja auch schon vergangenen Samstag in unserer Zeitung“, erklärte die Schulsekretärin auf Anfrage der taz. Im Übrigen werde das Verfahren, dass von den Datenschützern angeprangert wurde, demnächst verbessert.

Verbessert hat sich die Grundschule jedenfalls in Sachen Datenschutz – zumindest beim Schutz der Daten von Lehrern und Angestellten. Wer sich, wie die taz, gestern danach erkundigen wollte, ob die Bildungseinrichtung den Negativpreis „Big Brother Award“ auch annehme, bekam erst einmal keine Auskunft. Nicht einmal ihren und den Namen der Schulleitung nannte die Schulsekretärin. Auf hartnäckiges Nachfragen kam vom Bündener Ende der Telefonleitung nur noch ein genervtes „Es reicht jetzt.“ Dann wurde einfach aufgelegt.