: Alles reine Kopfsache
HERTHA BSC Zehn Punkte Vorsprung, viele Rückkehrer – und nur Luxusprobleme bei der Nummer 1 in town ➤ Liga: 2 / Platz: 2 / Punkte: 42 / Spiele: 19
Jos Luhukay wird in diesem Jahr viel zu tun haben mit dem Boden der Tatsachen, auf dem es das Team zu halten gilt. Der wirkt in Berlin zwar oft härter als anderswo, gern aber hebt man auch ab, bis man später umso brutaler wieder auf ihm landet. Die Presse zählt jetzt schon Herthas verbleibende Tage in der zweiten Liga herunter (da wollen wir auch nicht hintanstehen: noch 126 Tage in Liga zwei), und mit der Hilfe von sechs Rückkehrern soll das Team in der Rückrunde noch stärker werden – einer neuerlichen Größenwahn-Attacke steht also nichts im Weg. Übernehmen Sie, Herr Luhukay!
Saisonziel
Viele formulieren angesichts der zehn Punkte Vorsprung auf einen Relegationsrang bereits Ziele für die Saison 2013/14. Rückrundenziel sollte sein: den Aufstieg früh klarmachen. Das 1:5 im Test gegen Wolfsburg am Samstag war vielleicht ein Schuss vor den Bug zur rechten Zeit: Noch ist der Aufstieg nicht sicher.
Protagonisten
Ronny und Luhukay. Kann der brasilianische Mittelfeld-Regisseur die Form der Hinserie halten, spaziert er mit seiner Hertha wie selbstverständlich der ersten Liga entgegen. Wenn er dann so weitermacht und Hertha ihn halten kann, ist er vielleicht im Jahr darauf die 42 Millionen Euro wert, die Hertha derzeit verschuldet ist. Erst mal muss er nun eine Sprunggelenksverletzung auskurieren. Und Coach Luhukay? Der muss bei derlei Prominenz, die jetzt noch in den Kader zurückkehrt, den Beilaunehalter für die Reservisten spielen. Unter den Rückkehrern finden sich wichtige Stützen wie Verteidiger Lewan Kobiashwili (nach seiner Rekord-Sperre von siebeneinhalb Monaten), Maik Franz (nach Verletzung) und Pierre-Michel Lasogga. Auch Änis Ben-Hatira und Peter Pekarik (noch leicht verletzt) dürften bald wieder im Team sein.
Knackpunkt
Zuletzt Fehlanzeige. Könnte eigentlich nur die alte Tante Hybris sein. Der einzige Weggang (der ausgeliehene Elias Kachunga verleiht sich nun an Paderborn) war ohnehin folgerichtig, da das Talent in dieser Mannschaft keine Spielpraxis bekommt.
Konkurrenz
Bei Tabellenführer Eintracht Braunschweig warten die meisten noch auf den Einbruch – der muss aber nicht kommen, wenn die Niedersachsen von größeren Ausfällen verschont bleiben. Ins Rennen um die direkten Aufstiegsränge scheint derzeit eigentlich nur noch der 1. FC Kaiserslautern (3.) eingreifen zu können. Energie Cottbus (4.) kann wohl nur an Platz drei dranbleiben, vielleicht startet Köln (9.) oder gar Union (7.) noch eine Serie. Schlägt man die unmittelbaren Mitkonkurrenten Kaiserslautern und Braunschweig zuhause, kann man vielleicht schon im April für die erste Liga planen.
Darauf kommt’s an
Disziplin. Die taktische Disziplin, die Hertha seit September an den Tag gelegt hat, war beeindruckend. Die Spielzüge wirkten stets einstudiert, Laufwege waren klar, jeder erfüllte seinen Part in der Luhukay’schen Komposition. 15 Torchancen erarbeitete man sich pro Spiel – neben Köln Ligaspitze. Und man behielt auch bei einem Rückstand oder einem Unentschieden die Ruhe. Dass Stürmer Ramos bleibt, wäre wichtig – aber nicht überlebenswichtig. Es müssten schon mehrere Leistungsträger ausfallen (Ronny, Torwart Thomas Kraft, Peer Kluge), um das Gerüst zum Wanken zu bringen. Herthas Aufstieg scheint Kopfsache zu sein. Das erste Spiel hat Hertha am 3. Februar bei Jahn Regensburg.
JENS UTHOFF