: Arbeitsmarkt im Winterschlaf
Für den nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt war es kein Goldener Oktober. Die traditionelle Entspannung im Herbst bleibt aus. Besonders die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt an
VON KLAUS JANSEN
Wer jetzt arbeitslos ist, dürfte es lange bleiben. Auf dem nordrhein-westfälischen Arbeitsmarkt bleibt die traditionelle Herbstbelebung im Oktober aus. Die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) rechnet vor dem Winter nicht damit, dass die Arbeitslosenquote von derzeit 11,8 Prozent sinkt. „Wir erwarten keine positiven Veränderungen“, sagte Sprecher Werner Marquis. Genaue Zahlen wird die BA morgen vorlegen.
Besorgniserregend ist besonders der Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit. Bereits im September waren 40,9 Prozent aller Jobsuchenden ein Jahr lang oder länger ohne Beschäftigung, in diesem Monat dürften es deutlich mehr werden. „Es gibt einen konstanten Anstieg“, so Marquis. „Wir spüren, dass es immer schwieriger wird, mit arbeitsmarktpolitischen Instrumenten etwas zu bewegen.“ Offenbar werden die vorhandenen Mittel zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit allerdings kaum abgerufen: Wie die Welt berichtet, haben die Jobcenter bis Ende September erst zwei der vom Bund veranschlagten 6,6 Milliarden Euro ausgegeben.
Die Gewerkschaften machen vor allem die noch immer andauernden Organisationsprobleme in den mit der Reform Hartz IV gegründeten Arbeitsgemeinschaften für die schlechte Betreuung der Langzeitarbeitslosen verantwortlich. „Die Verwaltung ist vor allem mit sich selbst beschäftigt. Das ist noch nicht einmal ihre Schuld“, sagt Nicola Hirsch, Arbeitsmarktexpertin beim DGB in NRW. Matthias Kurth, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Gelsenkirchener Instituts für Arbeit und Technik (IAT), sieht das ähnlich: „Niemand weiß, wofür das Geld ausgegeben werden soll, es sei denn, man wirft es zum Fenster raus.“
Doch nicht allein das Chaos in der Arbeitsverwaltung sorgt dafür, dass die staatliche Unterstützung für Langzeitarbeitslose nicht abgerufen wird: Nach Gewerkschaftsangaben ist auch dass Interesse der Wirtschaft an Lohnkostenzuschüssen gering. Bislang seien erst 20 Prozent der Mittel ausgegeben worden, so DGB-Expertin Hirsch.Weil den meisten Langzeitarbeitslosen auf dem ersten Arbeitsmarkt wenig Chancen eingeräumt werden, wächst der Ruf nach einem starken Staat. Gewerkschafterin Hirsch sieht Potenzial vor allem in öffentlich geförderten Beschäftigungen, etwa im sozialen Bereich. Senioren etwa könnten zum Einkaufen und spazieren gehen begleitet werden, schlägt sie vor.
IAT-Wissenschaftler Kurth spricht sich für einen Ausbau staatlicher Dienstleistungen aus: „Wenn der Staat den Langzeitarbeitslosen nicht Beschäftigung verschafft, dann tut es keiner“, sagt er. Dies müsse auch bei den Haushaltsverhandlungen in Berlin berücksichtigt werden, fordert er: „Nur sparen hilft auch nicht.“