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Archiv-Artikel

Verfahren gegen unbekannt eingeleitet

GEDÄCHTNISVERLUST Im Fall eines 14-Jährigen, der sich nach einer Demo an nichts erinnert, ermittelt die Polizei

Im Fall des 14-jährigen Schülers Noel, dem nach einer Demo sieben Stunden Erinnerung fehlen, hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Polizeibeamte wegen Körperverletzung im Amt eingeleitet. Deshalb würden dazu keine weiteren Auskünfte erteilt, so die Pressestelle am Donnerstag.

Am 20. November 2009 hatten Polizisten dem Jugendnotdienst den 14-jährigen Schüler Noel übergeben (siehe taz vom 10. Dezember). Der Junge sei bei einer Demonstration aufgegriffen worden, hieß es. Er habe versucht, Flyer an einen BVG-Bus zu kleben. Der Junge klagte über so heftige Kopfschmerzen, dass die Notdienstmitarbeiter sofort einen Rettungswagen riefen, der Noel ins Krankenhaus brachte. Dort wurde bei ihm eine Gehirnerschütterung, begleitet von einer Amnesie, festgestellt.

Noel, der in Wirklichkeit anders heißt, kann sich an den Nachmittag und den Abend des 20. November nicht erinnern. Die Zeit, in der es zu seiner Kopfverletzung und dem darauf zurückzuführenden Gedächtnisverlust gekommen sein müsste, lässt sich aber ziemlich genau eingrenzen: zwischen 18.10 und 19.45 Uhr. In dieser Zeit befand sich der Junge in der Obhut der Polizei. Deshalb ist jetzt von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Polizisten eingeleitet worden.

Noels Eltern begrüßen die Aufklärungsbemühungen der Polizei. Die Mutter hat beobachtet, dass die Demonstranten immer jünger werden. Ihr Vorschlag, die Schüler und Angehörige der Einsatzhundertschaften (Ehu) zu einem Erfahrungsaustausch zusammenzubringen, ist bei den Einheiten sehr positiv aufgenommen worden. „Wir wären dazu sofort bereit“, sagte ein Beamter der Ehu. „Aber man muss auf uns zukommen.“ Denn anders als in der Fußballszene, wo man die Clubs ansprechen könne, gebe es in der linken Demoszene keine Ansprechpartner. Nach der Vorstellung von Noels Mutter könnte das Gespräch auch dazu dienen, über die Wirkung der schwarzen Demokluft zu reden. Wer sich schwarz anziehe, wolle zeigen, dass er für Anarchie sei, sich dem autonomen schwarzen Block zugehörig fühle und Gewalt befürworte, sagt der Ehu-Beamte. Die Folge: „Die Reaktionsweise der Beamten verändert sich. Bei schwarz gekleideten Demonstranten ist man schneller auf Angriff eingestellt als bei normal gekleideten.“ PLUTONIA PLARRE