Yoga für jedermann

Tausche Bürostuhl gegen Yogamatte – das ist die Idee eines neuen Zentrums für Business-Yoga in Berlin-Mitte. Abschalten und auftanken lässt sich aber auch bei anderen neuen Yogaformen

VON JULIA JOHANNSEN

Besucher müssen sich nicht einmal ausziehen. Dazu ist keine Zeit. Jeder kommt, wie er oder sie ist, mit Lippenstift auf dem Mund oder in Anzug und Krawatte, legt sich auf den Boden und schließt die Augen. Um alles Weitere kümmern sich Nives und Andreas Kostovic – im neuen Zentrum für Business-Yoga.

Die Kostovic kennen die Bedürfnisse ihrer Kunden gut. Sie saßen selbst viele Jahre auf Bürostühlen, mit verspannten Rücken. „Eines Morgens bin ich aufgewacht und dachte: Was mache ich hier eigentlich?“, erzählt Andreas Kostovic über seine Zeit als Vertriebsmitarbeiter in einem Unternehmen. Er ist von seinem Bürostuhl aufgestanden, in eine Yogaschule gegangen und hat dort seine jetzige Frau getroffen, die in einem IT-Unternehmen arbeitete. Beide erkannten bald ihr gemeinsames Ziel: Yogakurse für Unternehmen anbieten.

Im Jahr 2003 gründeten die Kostovic das Institut für Business Yoga und haben bis heute 30 Kunden gewonnen, darunter die Deutsche Bahn, die Post, die Telekom. Im Oktober eröffneten sie nun ein 370 Quadratmeter großes Yogastudio in Berlin-Mitte (Dorotheenstr. 56–60). Das neue Zentrum für Business-Yoga soll Mitarbeiter aus Unternehmen im Umkreis der Friedrichstraße anziehen; das Angebot ist daher abgestimmt auf die Bedürfnisse von Berufstätigen. Für Rücken und Bauch lernen Kunden den Sonnengruß und Körperhaltungen aus dem Sivananda-Yoga, hinzu kommen Atemübungen und Konzentrationstechniken. „Unser Ziel ist es, innerhalb des nächsten Jahres 500 neue Anmeldungen zu bekommen“, sagt Kostovic. Bis jetzt haben sie rund 70. Die Tiefenentspannung am Mittag, Yoga-Nidra, kommt besonders gut an, sie dauert nur 30 Minuten. „Es ist ein Segen für Teilnehmer, die verlernt haben abzuschalten“, meint Kostovic. Kosten für eine Zwölferkarte: 85 Euro.

Abschalten lässt sich auch beim Power-Yoga. Dieser angesagte Yogastil ist so anstrengend, dass die Entspannung danach von allein kommt. Power-Yoga ist sehr kraftvoll und bei Männern beliebt wie kaum eine andere Yogaform. Bryan Kest hat seinen Stil bereits in den 80er-Jahren Power-Yoga genannt. Der 40-jährige US-Amerikaner unterrichtet viele Prominente, die Hälfte seiner Schüler sind Männer. In den USA praktizieren 25 Millionen Menschen Power-Yoga, und auch in Deutschland finden dynamische Yogaformen immer mehr Zuspruch. Power-Yoga basiert auf den acht Elementen des Ashtanga-Vinyasa-Yoga, das ähnlich wie Power-Yoga ein intensives körperliches Training bietet.

Es gibt viele Yogameister und wenige Yogameisterinnen. Zwei von ihnen sind Kali Ray und Shiva Rea, die sich in den USA längst einen Namen gemacht haben, weil sie Yoga in eine neue Richtung führten. Die von ihnen entwickelten Yogaformen „Vinyasa-Flow“ und „TriYoga“ zählen zu den Flow-Yoga-Stilen, die gerade auch sehr im Trend liegen. „Alles ist im Fluss. Man muss nur in den eigenen Körper sehen, das Herz schlagen hören und die Atmung spüren, um den Flow zu erkennen“, sagt Kali Ray, die ein Yogazentrum in Kalifornien leitet. Sie hat das TriYoga bereits vor 25 Jahren geformt und entwickelt es stetig weiter. Im TriYoga gehen die Körperhaltungen in wellenartigen Bewegungen ohne Unterbrechung ineinander über, die Atmung ist dynamisch mit der Bewegung verbunden.

Um Verbindung geht es bei allen Yogaformen. Das Wort „Yoga“ kommt von dem Sanskritwort yui und bedeutet „verbinden“. Gemeint ist die Verbindung von Körper und Geist, die Verbindung mit dem Ganzen, mit der Welt. Die neuen Yogastile sind Weiterentwicklungen des traditionellen Hatha-Yoga und nicht mehr und nicht weniger als verschiedene Techniken für unterschiedliche Menschen, die zum selben Punkt führen. Zum Yoga.

Weitere Informationen unter www.businessyogainstitut.de. Buchtipp: Pedro Cichon, Gisela Fichtl: „Yoga für Beruf und privat“. Taschenguide, Haufe-Verlag 2005, 128 Seiten, 6,60 €