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Archiv-Artikel

Braune Brühe in Brandenburg

SPREE Die Belastung mit Eisen ist viel höher als bislang angenommen. An mehreren Stellen hat sich der Fluss rostrot verfärbt – eine Folge des Braunkohletagebaus. Heute geht es im Potsdamer Landtag darum

Mit der braunen Brühe, die seit einiger Zeit streckenweise in der Spree schwimmt, muss sich nun der Brandenburger Landtag beschäftigen. Auf Antrag der oppositionellen Grünen geht es am heutigen Donnerstag um die sogenannte Verockerung des Flusses in der Lausitz. Die Grünen fordern von der Landesregierung, ein Konzept gegen die Wasserverschmutzung zu erarbeiten. Dem hat sich auch die CDU angeschlossen. Die regierenden Fraktionen von SPD und Linker möchten das Thema jedoch nicht so hoch hängen und wollen eine Arbeitsgruppe zur Koordinierung dreier Fachministerien einrichten. Die soll auch mit dem Bergbausanierer Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) und dem Energiekonzerns Vattenfall zusammenarbeiten.

Die Spree hatte sich letztes Jahr an einigen Stellen rostrot und braun verfärbt. Im Januar wurde dazu ein 400 Seiten langes Gutachten des Dresdner Geo- und Hydrowissenschaftlers Wilfried Uhlmann vorgestellt. Die Eisenbelastung der Spree und des Grundwassers in der Lausitz als Folge der Braunkohletagebaue sei viel größer als bislang angenommen, heißt es darin. Sie sei in dieser Dimension von historischem Ausmaß und weltweit einmalig – und die Belastung werde noch mindestens 100 Jahre anhalten. Der Lausitzer Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic (Linke) äußerte sich schockiert über die Ergebnisse und sprach von einem „ökologischen Katastrophengebiet“.

Die Verockerung ist eine Folge des Endes der alten Braunkohletagebaue: Anfang der 90er Jahre wurden im Süden Brandenburgs und im angrenzenden Sachsen viele Tagebaue stillgelegt. Seitdem entsteht dort eine Seenlandschaft, und der vorher durch zahlreiche Pumpen künstlich auf bis zu 100 Meter abgesenkte Grundwasserspiegel steigt.

Durch den Kontakt mit Sauerstoff zerfallen die in den Kohleschichten enthaltenen Minerale in Eisenhydroxid und Sulfat. Beides wird mit dem steigenden Grundwasser in die Flüsse geschwemmt. Dort färbt sich das Wasser rostbraun, am Grund und am Ufer setzen sich dicke Schichten von Ockerschlamm ab. Das sieht nicht schön aus und belastet die Umwelt massiv: Im Schlamm aus Eisenhydroxid verendet die Vegetation, die Kiemen von Fischen verkleben.

Die Belastung der Spree mit Eisenhydroxid habe in den vergangenen Jahren massiv zugenommen und reiche über das ökologisch verträgliche Maß hinaus, heißt es in dem Gutachten weiter. Der Höhepunkt werde erst in zwei bis vier Jahren erreicht sein. In Auftrag gegeben wurde die Studie vom Bergbausanierer LMBV. Dieser wird überwiegend vom Bund finanziert und ist für die Sanierung von Bergbaualtlasten verantwortlich. Mehr als 9 Milliarden Euro hat diese in den letzten 20 Jahren gekostet. Der größte Teil des belasteten Wassers wird an der Talsperre Spremberg aufgehalten. Im Stausee lagern sich die Sedimente ab. Allerdings zeigen sich auch nördlich davon bereits Spuren der Verschmutzung.

Nun wollen die Sanierer mit Gräben, Drainagen und Brunnensystemen gegen die Verockerung vorgehen. Auch sollen alte Aufbereitungsanlagen für Grundwasser wieder in Betrieb genommen werden. Wie hoch die Kosten dafür sein werden, ist bislang nicht absehbar. Anfang April soll über die Finanzierung entschieden werden, teilte die LMBV mit. Die ersten technischen Maßnahmen könnten dann 2014 beginnen.

Die Grünen fordern nun zunächst Transparenz von der Landesregierung. „Von dem Gutachten liegt den Landtagsabgeordneten nur eine Kurzversion vor“, so die Landtagsabgeordnete Sabine Niels. Auch die umweltpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Martina Gregor-Ness, sieht in der braunen Brühe ein ernstes Problem. Für die Beseitigung des Schlammes sei der Sanierungsträger zuständig. Wichtig sei eine pragmatische Lösung. Das belastete Wasser dürfe nicht die Tourismusregion im Spreewald erreichen.

MARCO ZSCHIECK