Neue Suche nach Atommüll-Endlager

Die SPD hält am Atomkonsens fest, beteuert deren Noch-Chef Franz Müntefering. Das heißt auch: Die Koalition kann sich nicht auf ein Endlager in Gorleben einigen. Forscher mahnen, neue Standorte zu erkunden. Sie hegen Zweifel am Salzstock

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Franz Müntefering ist fest entschlossen, den Atomkonsens unverändert durch die Koalitionsverhandlungen mit der CDU zu bringen. Auf einem Landesparteitag der niedersächsischen SPD am Wochenende in Walsrode trat der Noch-SPD-Chef allen Zweifeln der Parteibasis entgegen. Er sagte: „Die Verträge, was das Auslaufen von AKW angeht, die gelten und die können auch nicht verändert werden.“ Zudem versicherte er, dass es auch in den kommenden Jahren „eine Energiepolitik weg von Öl“ geben werde.

Zuvor hatte der niedersächsische SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner schon mit dem Platzen der schwarz-roten Koalition gedroht, falls der Atomausstieg in Frage gestellt würde. Vor der Presse gab sich Parteichef Müntefering nochmals standhaft: „Nein“, die AKW-Laufzeiten sollten nicht verlängert werden, versicherte er.

Genauso erklärte Müntefering bei der Suche nach einem atomaren Endlager den Atomkonsens zur Richtschnur. Auch dabei würden die Vereinbarungen gelten, „so wie sie da sind“. Konkreter wurde der Mann aus dem Sauerland allerdings nicht. Doch die Sozialdemokraten aus Niedersachsen, zu denen auch der künftige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zählt, wollen bei der Endlagersuche gern den von Rot-Grün eingeschlagenen Weg fortsetzen. In einer Parteitagsresolution lehnten sie eine Festlegung auf einen der niedersächsischen Standorte Gorleben oder Schacht Konrad ab. Stattdessen verlangten sie ein Endlagersuchgesetz und einen entsprechenden Vergleich von alternativen Standorten.

Die Resolution entspricht damit dem vom so genannten „AK End“ erarbeiteten Konzept, nach dem verschiedene Endlagerstandorte verglichen werden sollen. Dieses findet derzeit auch von wissenschaftlicher Seite Unterstützung: Das Bundesamt für Strahlenschutz hat gerade die Untersuchung der grundsätzlichen sicherheitstechnischen und konzeptionellen Fragen zur Endlagerung abgeschlossen. Diese hatten die Betreiber und die Bundesregierung in einem Anhang zum Atomkonsens formuliert.

Das Amt ließ zu den zwölf Fragen Einzelgutachten erstellen. Diese wurden dann bewertet und in einem Synthesebericht zusammengefasst. Wichtigstes Ergebnis: Keine für die atomare Endlagerung in Frage kommende Gesteinsart – dazu gehören Salz, Granit oder Ton – habe per se eindeutige Vorteile gegenüber der anderen. Laut dem der taz vorliegenden Bericht „gibt es kein Wirtsgestein, das grundsätzlich immer eine größte Endlagersicherheit gewährleistet“.

Für Salz könnten zwar einfacher Aussagen über die nach der Endlagerung ablaufenden geochemischen Prozesse getroffen werden. Dafür sei jedoch in anderen Gesteinen die Gasbildung nach der Endlagerung einfacher zu beherrschen. Die Vorteile von Gesteinsformationen seien nur im Vergleich konkreter Standorte zu ermitteln. Innerhalb des gleichen Gesteins unterlägen die Verhältnisse oft starken Schwankungen. Ein Vergleich könne „nur standortspezifisch erfolgen und ist daher erforderlich“, heißt es abschließend.