ANDREAS FANIZADEH LEUCHTEN DER MENSCHHEIT
: Kunstkritiker aller Länder, vereinigt euch!

Oh, wie politisch ist doch die Kunst.Und vor allem erst die Kunstkritik. „Sei einzigartig!“ titelt das Wirtschaftsmagazin brand eins in seiner Dezemberausgabe. „Was die Wirtschaft von der Kunst lernen kann. Und umgekehrt.“

Nu, was kann sie denn lernen? Richtig: natürlich verkaufen. Deswegen präsentiert sich brand eins zum Ende des Jahres mit zwei verschiedenen Covers: Zur Auswahl stehen Gelb und Blau, jeweils mit Banane. Superwarholesk. Und wo Kunst und Wirtschaft laut Chefredakteurin Gabriele Fischer „irgendwie zusammen“gehören, könnte die Kunst doch „genau jenen Impuls in Richtung Freiheit und Kreativität“ geben, „den eine zu lang auf Masse und Gleichheit gepolte Ökonomie gerade jetzt dringend gebrauchen kann“. So wird es schon irgendwie und vielleicht sein.

Schwer kreativ zeigt sich auch die aktuelle Ausgabe des Kunstmagazins Art. „Künstler beleben Industrieruinen und verwandeln Problemviertel in attraktive Wohnbezirke“, heißt es in der Anmoderierung der Reportage durch „alternative Kulturlandschaften“ (Gängeviertel, ExRotaprint etc.) „Immer mehr Städte erkennen das Potential von Kunst als Wirtschaftsfaktor.“ Bedauerlicherweise habe aber Hamburg nicht alles richtig gemacht und renommierte Künstler wie Jonathan Meese und Daniel Richter an Berlin verloren, obwohl beide „an der Elbe ausgebildet“ wurden.

„Aua, es tut weh. Hört auf mit dem Scheiß. Wir lassen uns nicht für blöd verkaufen. Liebe Standortpolitiker: Wir weigern uns, über diese Stadt in Marketing- Kategorien zu sprechen“, sagt hingegen das Manifest „Not In Our Name, Marke Hamburg!“. Das haben auch Künstler wie Daniel Richter unterschrieben, um sich gegen lokalistische Vereinnahmungen zu wehren.

Kunstkritiker aller Länder, vereinigt euch! Nächsten Freitag heraus zur Parade „Recht auf Stadt. Gegen ein Unternehmen Hamburg!“, ab 16.30 Uhr am Bahnhof Dammtor in Hamburg.

Andreas Fanizadeh leitet das Kulturressort der taz. Foto: privat