: Heute lieber Tofu
Das verdorbene Geflügelfleisch aus dem stillgelegten Betrieb bei Cloppenburg war so ekelig, dass es nach Expertenmeinung eigentlich unverkäuflich gewesen sein müsste. Dennoch fand es Abnehmer
von Eiken Bruhn
„Bestialisch“ soll das Fleisch gestunken haben, wurde die Sprecherin des niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg zitiert. Außerdem sei das vergangene Woche sichergestellte Geflügelfleisch so schleimig gewesen, dass sogar ohne Untersuchung im Labor klar war: Die Ware aus dem Fleischfälscher-Betrieb bei Cloppenburg ist ungenießbar. Bleibt die Frage, wie die Firma das Zeug dennoch loswerden konnte. Schließlich gehen die Behörden davon aus, dass das Unternehmen schon seit längerem unsachgemäß behandeltes Fleisch weiterverkauft.
„Man muss davon ausgehen, dass ein Teil auch auf den Tellern der Verbraucher gelandet ist“, sagt der Sprecher des Agrar- und Verbraucherschutzministeriums, Dominik Mayer. Ein Teil davon sei vermutlich auch über Großhändler an Döner-Imbisse verkauft worden. „Die Art der Produkte lässt darauf schließen.“ Es sei ihm aber „schleierhaft“, wie die Käufer der Ware das nicht bemerken konnten. „Verdorbenes Putenfleisch stinkt erbärmlich“, so Mayer.
Auch der Geschäftsführer der Bremer Fleischwarenfabrik Könecke – die von der verdächtigen Firma beliefert wurde – hält es für vollkommen ausgeschlossen, dass verdorbenes Fleisch unerkannt in den Kreislauf gelangt. „Das würde selbst jeder Laie sofort erkennen“, sagt Karl Könecke Junior. Und weiterverarbeiten könne man es auch nicht: „Die Produkte würden gar nicht gelingen.“
Das Fleisch, das Könecke zuletzt von dem Betrieb bezogen hatte, habe bei der firmeneigenen Qualitätskontrolle keine Hinweise auf Mängel gegeben. Dennoch hätte man es sofort nach Bekanntwerden des Betrugsverdachts gesperrt. „Wir warten die Untersuchungsergebnisse ab“, sagt Könecke. Die Geschäftsbeziehung zu dem betrügerischen Zerlegebetrieb – der ungeachtet der Vorfälle an einem zweiten Produktionsstandort weiter arbeiten darf – sei gekappt. Wie dort produziert wurde, sei ihm nicht bekannt gewesen, so Könecke. Bisher würden die Zulieferbetriebe nur stichprobenartig besucht. „Wir überlegen, das verstärkt durchzuführen.“
Doch den Betrieb, in dem mutmaßlich gefrorenes Fleisch unsachgemäß aufgetaut und mit Wasser schwerer gemacht wurde, hätte er wohl nicht zu Gesicht bekommen. Nur für einen der beiden Standorte lag eine Zulassung vor. Der wurde täglich kontrolliert, wie der Sprecher des Landkreises Cloppenburg, Ansgar Meyer, bestätigt. 35 Fleisch verarbeitende Betriebe gebe es im Landkreis, sagt Meyer. Überwacht würden diese von 22 hauptamtlichen Amtstierärzten und weiteren 85 nebenberuflichen Veterinären, weitere 148 Fleischkontrolleure seien für die täglichen unangemeldeten Besuche zuständig. Auch er kann sich die Vorfälle nur mit einer „ungeheuren kriminellen Energie“ erklären. Diese Einschätzung bezieht sich nur auf den Produzenten des Ekelfleischs. Gegen die Käufer der Ware werde nicht ermittelt, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg.
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