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POLITIK

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JÖRG SUNDERMEIER

sichtet die sozialen Bewegungen in der Stadt

Am Donnerstag wird sich im TK-Gebäude der TU (Straße des 17. Juni 135, ab 18 Uhr) geistig auf die Pride Parade am Samstag vorbereitet – und dies unter der Fragestellung „Wie behindert ist queer?“

Dabei soll es um die Frage gehen, „wie die Situation von LGBTIQ*s mit Behinderungen ist“.

Zugleich aber soll untersucht werden, inwieweit sogar in der sich selbst für ihre Fairness so oft lobenden queeren Szene Gehandicapte ausgegrenzt werden – was ja leider auch fast jeden Tag passiert.

Am Freitag wird in der Rigaerstraße zu Friedrichshain (14 Uhr) das altbewährte zweitägige Straßenfest gefeiert, und mit dabei sind natürlich der Abstand, die Rigaer 94 oder der Fischladen, die allesamt linke Kultur und Politik verbreiten.

Schade ist nur, wenn man sich das Programm anguckt, dass in der Friedrichshainer Linken – und nicht nur in dieser – die kulturelle Veranstaltung grundsätzlich nur als Beiwerk und zur Unterhaltung dient, nicht aber zu einer Auseinandersetzung über wichtige nicht nur kunstpolitische Fragen. Dahinter scheint noch immer eine Ideologie zu wirken, in der es um „harte“ und „weiche“ Politik geht …

Am Samstag dann findet sie endlich wieder statt, die Pride Parade! Auf dem Hermannplatz (ab 16 Uhr) wird „behindert und verrückt“ gefeiert, der Aufruf lautet: „Freaks und Krüppel, Verrückte und Lahme, Eigensinnige und Blinde, Taube und Normalgestörte – kommt wieder raus auf die Straße, denn sie gehört uns!“

Gerade in diesen Zeiten, in denen es im Bürgertum schon wieder zum guten Ton gehört, sich über Gehandicapte zu beschweren und in Jahren des Jugendwahns, in denen auch viele Linke den Anblick von Menschen nicht ertragen können, die dem Gesundheitsbild der Illustrierten nicht entsprechen, ist es dringend notwendig, darauf hinzuweisen, dass der Pannwitzblick sich nicht durchsetzen darf.

Denn sonst wird bald noch offener über Eu­tha­na­sie gesprochen – und das sogar mit Billigung der sonst so „lebensschützerischen“ Christenkirchen.

Am Montag schließlich stellen Axel Weipert und Dietmar Lange ab 19 Uhr im Baiz (Schönhauser Allee 26 a) das Buch „Die zweite Revolution: Rätebewegung in Berlin 1919/1920“ vor, in dem erstmals die Schülerräte, die Räte nach dem Kapp-Lüttwitz-Putsch, die Betriebsrätezentrale und die Rolle der Frauen systematisch untersucht werden. Dieser Rätebewegung gelang es, so Axel Weipert, auch in ihrer zweiten Phase, eine Massenbasis zu mobilisieren.

Hätte es also eine Alternative zum Kommunismus sowjetischer Prägung in Deutschland geben und hätte diese sich durchsetzen können? Nicht nur für Anarchie-Nostaliger_innen hochinteressant!

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