: Pläne für die Geisterbahn
Die Suche nach dem Trassenverlauf für die Küstenautobahn im Nordwesten wird eingeleitet. Die Naturschutzverbände protestieren: Sie halten nicht nur die ökologischen Kosten der A 22 für zu hoch
von Manuela Sies
Jubel in Oldenburg: Die Industrie- und Handelskammern im Nordwesten haben ihren Teil der Planungskosten für die geplante Küstenautobahn A22 gesammelt. Niedersachsens Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) nahm die 750.000 Euro am 27. Oktober entgegen, gespendet in weniger als einem Jahr. Noch einmal die gleiche Summe kommt vom Land und den Kommunen: Damit sind nach offizieller Darstellung die Planungskosten für die Autobahn von Stade bis nach Westerstede gesichert. Und die Vorbereitungen für die Suche nach einer Trasse beginnen.
Doch was die einen begeistert, lässt die anderen nur kritisch blicken. Vertreter des NABU und des BUND aus dem Ammerland, dem Kreis Oldenburg und der Wesermarsch sowie des Naturschutzverbandes Niedersachsen haben sich gestern in Jaderberg (Wesermarsch) gemeinsam gegen die A22 und ihre Planung ausgesprochen. Ihre Bedenken: Bei der Suche nach einer Trasse würden wichtige Gesetze zu faktischen Vogelschutzgebieten nicht eingehalten. Diese befinden sich im Suchraum für die Streckenführung. Die EU-Richtlinien würden, so die Naturschützer, nicht einmal eine Verträglichkeitsprüfung für die A22 zulassen.
Die Behörden wollen nach Meinung der Naturschützer nur Planungskosten sparen. „Die geplante Summe von 18 Millionen Euro ist viel zu niedrig“, so Susanne Grube vom BUND Ammerland. 70 Millionen träfen es da schon eher. Hirches Äußerung bei der Scheckübergabe, die Küstenautobahn werde sehr wahrscheinlich privat finanziert, sorgt bei Vertretern von BUND und NABU für Kopfschütteln: Allein um die weiteren Planungskosten von geschätzten 70 Millionen Euro zu sammeln, bräuchten die Unternehmen nach ihrer Rechnung 93 Jahre, wenn man die Inflationsrate nicht berücksichtigt. Insgesamt 850 Millionen Euro haben die Planer für die A22 angesetzt, die bis 2020 befahrbar sein soll.
Dieser Preis ist laut den Naturschützern zu hoch für eine Autobahn, die gar nicht gebraucht werde. Für Touristen sei sie nicht relevant, weil diese sowieso aus dem Süden kämen. Nach ihrer Erweiterung auf sechs Spuren könne die A1 außerdem genug Verkehr aufnehmen. Regina Mattern-Kaath, BUND Wesermarsch, fragt sich: „Wer soll dann auf der Küstenautobahn fahren?“
Die A22 – eine Geisterbahn? Auch der Exportverkehr aus Skandinavien und Osteuropa würde durch die A22 nur in Richtung Niederlande weitergeleitet, ergänzt Horst Lobensteiner vom NABU: „Wir können doch keine Autobahn für andere Länder bauen.“ Besonders der ökologische Preis sei aber zu hoch: „Auf uns kommt eine gigantische Naturzerstörung zu“, so Lobensteiner. Wertvolle Landschafts- und Vogelschutzgebiete, etwa in der nördlichen Wesermarsch oder am Jadebusen, würden geschnitten. Das hätte in einigen Gebieten auch die Isolierung, in anderen die Verdrängung von geschützten Tieren und Pflanzen zur Folge.
„Wir fordern nur die Einhaltung der Gesetze“, so das Fazit von Hans-Otto Meyer-Ott vom Naturschutzverband Niedersachsen. Geschehe dies nicht, wären die Verbände bereit, nach der Planfeststellung zu klagen – wenn die A22 kommt. Meyer-Ott: „Am liebsten wäre uns natürlich, dass der Bau nach den ersten Untersuchungen gestoppt wird.“