: Bundessache Umwelt
Das zersplitterte Umweltrecht soll künftig Sache der Bundesregierung werden. Umweltschützer fürchten aber auch ein „Ökodumping“
BERLIN taz ■ Das Umweltrecht soll im Großen und Ganzen künftig Sache des Bundes sein. Falls die Länder es für nötig halten, können sie in Ausnahmen zwar noch Abweichungen festlegen. Insgesamt soll das zersplitterte Umweltrecht aber überschaubarer werden.
Derzeit verheddern sich selbst Fachleute im Wirrwarr der Vorschriften. In den letzten Jahren kamen immer mehr Regelungen dazu – für Luft, für Wasser oder Boden. Mal ist der Bund zuständig, mal das Land. Dazu gibt es die vielen Vorgaben aus Brüssel. Diese werden hierzulande durch 17 verschiedene Rechtsakte umgesetzt, zunächst vom Bund und dann von den Bundesländern. Paradoxe Folge: Mecklenburg-Vorpommern wies wegen EU-Rechts zum Beispiel schnell viele Schutzgebiete für Tiere und Pflanzen aus. Niedersachsen aber nicht. Im Zweifel zahlt der Bund gar Strafe an Brüssel, wenn einzelne Bundesländer EU-Richtlinien derart ignorieren. „Die Gemengelage macht es sinnvoll, eine stärkere Bundeskompetenz einzuführen“, sagt denn auch Gerhard Timm vom Umweltverband BUND.
Die Harmonisierung wird seit langem debattiert. So hat eine durch das Bundesumweltministerium beauftragte Professorengruppe schon Anfang der 90er-Jahre ein Umweltgesetzbuch erarbeitet. Die Konstruktion lehnte sich am Bürgerlichen Gesetzbuch an – mit einem allgemeinen Teil und einem besonderen etwa zu Naturschutz und Strahlenschutz. Doch scheiterte das Projekt an der nicht ausreichenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Damals wollten die unionsgeführten Länder diese auf keinen Fall stärken. Nun könnte die schwarz-rote Koalition einen neuen Anlauf machen.
„Das Umweltrecht wird einheitlicher“, konstatiert auch der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske. Doch hat die gute Sache aus seiner Sicht einen Haken. Weil die Länder für den Naturschutz oder das Trinkwasser abweichende Regeln treffen dürfen, fürchtet Loske genau wie Umweltschützer Timm „Ökodumping“. Länder könnten Firmen anlocken. Motto: „Kommen Sie zu uns, wo es nicht so grünt.“
HANNA GERSMANN