: Sprechen Sie Englisch?
Die Welt wächst zusammen: Auslandserfahrung und Fremdsprachenkenntnisse werden immer wichtiger – auch für Auszubildende. Erfahrungen junger Menschen, die in die Ferne schweiften
VON SANDRINA MAHLBERG
Die Sprachkenntnisse aufbessern und eine andere Kultur kennen lernen: Für viele Jugendliche bietet ein Praktikum im Ausland Chancen, dem hiesigen Alltag zu entkommen und eröffnet ihnen neue Zukunftsperspektiven. Und für StudentInnen sind Auslandssemester heutzutage sowieso nichts Neues mehr. Aber nicht nur Nachwuchs-Akademiker, auch Auszubildende sollen jetzt die Welt kennen lernen. Zumal Auslandsaufenthalte bei Personalchefs gut ankommen.
„Das bringt‘s“ heißt die aktuelle Exposition in der Dortmunder Deutschen Arbeitsschutz-Ausstellung (DASA), die Jugendliche zu mehr Mobilität animieren soll. Die Schau setzt an bei der Ausbildung im Mittelalter, als die Berufsausbildung in den europäischen Ländern noch kaum zu unterscheiden war. Erst im 18. und 19. Jahrhundert entstanden unterschiedliche Formen der Lehre. Durch den europäischen Vergleich sollen junge Arbeitnehmer sich mit den Gepflogenheiten im Ausland beschäftigen.
„Die Ausstellung soll Jugendlichen als Wegweiser in die Arbeitswelt dienen“, sagt Sabine Kramer von der DASA. Sinn und Zweck eines Auslandsaufenthaltes sei unter anderem, den Jugendlichen neue Perspektiven zu schaffen. „Junge Leute blicken nach einem Auslandsaufenthalt zuversichtlicher auf ihr Berufsleben, weil sie wissen, dass sie über Grenzen gehen können“, weiß Kramer. Das fördere die Selbstständigkeit der Jugendlichen und stärke ihre Persönlichkeit. Außerdem sei Arbeitsmobilität in einem zunehmend globalisierten Europa besonders wichtig.
Manche Ausbildungsberufen schreiben Auslandspraktika sogar vor. Agnes Bojara, Auszubildende zur Industriekauffrau (EU), musste während ihrer Ausbildung ein 14-wöchiges Praktikum in einem britischen Betrieb in Walsall nahe Birmingham absolvieren. Als Pflichtprogramm sieht sie den Trip allerdings nicht, eher als eine einmalige Chance. „Ich wollte es unbedingt machen, weil ich sehen wollte, wie in England gearbeitet wird“, sagt Bojara. Außerdem werde man flexibler und selbstständiger, wenn man so lange in einem ausländischen Betrieb arbeite und in einer Gastfamilie lebe.
Und wie wird nun gearbeitet in England? „Dort herrscht eine ganz andere Arbeitsteilung: Jeder übernimmt mehrere Parts gleichzeitig“, sagt Bojara. In Deutschland habe jeder seine eigenen Aufgaben, in England dagegen arbeiteten alle enger zusammen. Ob das unbedingt besser ist, da will sie sich nicht festlegen. Vorteilhaft ist es aber offenbar nicht immer: „Teilweise war es schon chaotisch, aber durch die enge Zusammenarbeit viel lustiger.“ Durch den Kontakt zu ihren KollegInnen hat sich Bojaras Englisch deutlich verbessert. Einsam habe sie sich nie gefühlt, erzählt die Auszubildende. Sogar richtige Freundschaften seien durch den Aufenthalt entstanden, sowohl zu ihren deutschen MitschülerInnen als auch zu den englischen Arbeitskollegen. Vor einigen Wochen war sie wieder in England. Diesmal nur zu Besuch – nicht zum Arbeiten.
Die Resonanz auf ihr Auslandspraktikum ist durchweg positiv: „Alle sagen, dass es eine Bereicherung war. Auch ich denke, dass es eine Erfahrung ist, die mir keiner mehr nehmen kann. Ich würde das immer wieder machen.“ Das finden auch Marcel Gockeln und David Hofacker, die für sechs Monate in Cork, der zweitgrößten Stadt Irlands waren. Nach dem Fachabitur auf dem Berufskolleg in Essen bekamen sie die Möglichkeit, ein Praktikum im Ausland zu machen. „Es ist zwar manchmal nicht ganz einfach, weil man die Freundin oder die Familie vermisst. Aber wer die Möglichkeit hat, sollte sie auf jeden Fall nutzen“, sagt Marcel. Im Gegensatz zu Agnes Bojara, die in einer Gastfamilie untergekommen war, lebte Marcel mit Italienern, Spaniern und Franzosen in einer WG. „Ich fand das klasse, verschiedene Kulturen und Nationalitäten kennen zu lernen.“
Sein Fazit ist positiv, denn er rechnet sich bessere Chancen in der Zukunft aus. „Auf meine Bewerbungen habe ich jetzt schon Einladungen bekommen. Vielleicht, weil die Betriebe merken, dass man sich auch in einer ungewohnten Umgebung zurecht finden kann.“ In Bezug auf David behält Marcel mit seiner Vermutung jedenfalls Recht. Bei der Vergabe des Ausbildungsplatzes spielte Davids Auslandsaufenthalt eine große Rolle. Im Verhältnis zu seinen Konkurrenten hatte er einen schlechteren Notendurchschnitt, aber dennoch bessere Chancen. „Die Noten waren nicht ausschlaggebend“, vermutet David. Die Ausbildungsstelle habe er aufgrund der Tatsache erhalten, „dass ich ein halbes Jahr im Ausland war“.