: Prominente Brauntöner
Hitlers Lieblingskomponist Richard Wagner (1813-1883) war ursprünglich ein radikaler Linker, gut befreundet mit dem Anarchisten Michail Bakunin – und wurde wegen revolutionärer Umtriebe in Sachsen steckbrieflich gesucht. Sein Hang zur Gigantomanie – eine Aufführung des Opernzyklus „Der Ring des Nibelungen“ erstreckt sich über vier Abende – machen ihn zur Gallionsfigur jeder Überwältigungsästhetik, als Antisemit mit Hang zu deutschtümelnden Stoffen (Meistersinger) passt er aber auch ideologisch gut ins Nazi-Weltbild.
Wenn es einen Wettbewerb in Sachen Opportunismus gäbe – Carl Orff (1895-1982) hätte beste Karten, ihn zu gewinnen. Wie der offizielle Musiklieferant für die Olympischen Sommerspiele 1936 und 1972 überhaupt ein recht sportlicher Tonsetzer gewesen sein muss. Sein 1937 uraufgeführtes Bombastik-Mittelalter-Oratorium „Carmina Burana“ hat Pop-Status. Nach dem Krieg wurde Orff mit Auszeichnungen überhäuft, 1972 erhielt er das Große Verdienstkreuz.
Die Rolle von Richard Strauss (1864-1949) in der Nazizeit ist umstritten. Der Monumentalkomponist, dessen Tondichtung „Also Sprach Zarathustra“ später als Soundtrack des Stanley-Kubrick-Films „2001: Odyssee im Weltraum“ diente, war 1933 bis 1935 Präsident der Reichsmusikkammer. Andererseits bestand er bei der Uraufführung seiner Oper „Die schweigsame Frau“ darauf, den Namen des jüdischen Librettisten auf den Programmzetteln abzudrucken: es handelte sich um Stefan Zweig. Hitler war vergrätzt und blieb der Uraufführung fern.
Herbert von Karajan (1908-1989) trat zwei Mal in die NSDAP ein: in die deutsche und die österreichische. 1946 wurde ihm von der russischen Besatzungsmacht ein Berufsverbot erteilt, das 1947 wieder aufgehoben wurde.
Der Schlagerkomponist Norbert Schultze (1911-2002) schrieb nicht nur „Lilly Marleen“, sondern auch die Melodien zu Kampfliedern wie „Bomben auf Engeland“ und „Panzer rollen auf Afrika vor“. Die Aufträge kamen von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels persönlich, eine Bekanntschaft, auf die Schultze noch lange stolz war. taz