Milliarden mit Mobilfunk

Trotz guter Quartalszahlen will die Telekom weiterhin 32.000 Stellen streichen

BERLIN taz ■ Die Deutsche Telekom hat gestern einen Quartalsgewinn von knapp 1,5 Milliarden Euro gemeldet – und will sich trotzdem von 32.000 ihrer 170.000 Mitarbeiter in Deutschland trennen. „Ich bin mir bewusst, dass wir es hier zumindest scheinbar mit einem Widerspruch zu tun haben“, räumte Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke ein. Um diesen dann selbst gleich zu beseitigen: „Die Gewinne von heute sind eigentlich die Gewinne von gestern. Sie haben nichts mit den Personalmaßnahmen der Jahre 2006 bis 2008 zu tun.“

32.000 Stellen weniger. Dieser Abbau sei, so Ricke, notwendig, „um die Telekom zukunftssicher zu machen“. Denn die Branche stehe vor großen Umwälzungen. Ricke meint damit wachsenden Wettbewerb und jene technischen Entwicklungen, die vor allem das Geschäft im Festnetz unter Druck setzen werden.

Tatsächlich zeigt bereits die aktuelle Quartalsbilanz vor allem im Mobilfunk signifikante Zuwächse. Fast jeder zweite Euro, den das Unternehmen einnimmt, stammt von Handykunden. 21,9 Milliarden Euro waren das in den ersten neun Monaten dieses Jahres. Allein in den USA hat die Telekom von Juli bis September eine Million neue Mobilfunkkunden hinzugewonnen, insgesamt stieg der Umsatz um 11,2 Prozent. Bei den Breitband- und Festnetzanschlüssen verlor der Konzern hingegen 0,8 Prozent Umsatz. Damit die Kosten sinken, will die Telekom vor allem im Festnetzbereich Personal abbauen. 1,7 Milliarden Euro will der Konzern durch Stellenstreichung ab 2009 einsparen, auf Kündigungen aber verzichten.

Die Vertreter der Arbeitnehmer überzeugt Rickes Erklärungsversuch aber noch nicht. „Die Abwanderung von Kunden lässt sich nicht mit der Abwanderung der Mitarbeiter stoppen“, sagte gestern der stellvertretende Ver.di-Vorsitzende Franz Treml. Statt dessen müsse die Qualität deutlich verbessert und die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. „Das geht nur mit genügend Mitarbeitern.“

Etwa 350 Vertrauensleute hatten gestern vor der Telekom-Zentrale gegen den Stellenabbau in Bonn protestiert, nachdem ein erstes Gespräch zwischen Management und Gewerkschaft am Dienstag ergebnislos blieb. Die Vertrauensleute überreichten Arbeitsdirektor Heinz Klinkhammer ein Protestschreiben und drohten: „Wir sind nur die Vorboten, die Beschäftigten werden sich wehren.“ Klinkhammer selbst zeigte sich aber zuversichtlich: „Ich gehe davon aus, dass es keinen Arbeitskampf geben wird.“

Die Börse überzeugte die Deutsche Telekom allerdings nicht. Mit minus 3 Prozent war das Papier gestern schwächster DAX-Wert. Der Hauptgrund dafür: Die Telekom will 2006 mehr Geld für Marketing und neue Produkte ausgeben. Und das schmälert natürlich den Gewinn.

STEPHAN KOSCH