: Scholz sieht die Stadt wachsen
PERSPEKTIVEN Hamburg müsse sich auf zwei Millionen Einwohner einstellen, sagt der Bürgermeister im Überseeclub. BUND vermisst ökologisches Konzept
OLAF SCHOLZ, BÜRGERMEISTER
Wenn auch nicht ausdrücklich, so doch inhaltlich hat Olaf Scholz (SPD) in einer Rede vor dem Überseeclub ein Leitmotiv seines Vorgängers Ole von Beust (CDU) aufgenommen: Hamburg, die wachsende Stadt. Es sei damit zu rechnen, dass in den 2030er-Jahren mehr als 1,9 Millionen Menschen hier lebten, „vielleicht sogar mehr als zwei Millionen“. Die Vorstellung, dass Hamburg fertig gebaut sein könnte, sei eine „gravierende Fehleinschätzung“. Umweltschutz auf dem Stand der Technik werde dieses Wachstum auf verträgliche Weise ermöglichen, sagte er. Der Umweltverband BUND forderte Scholz auf, konkret zu zeigen, wie er die Folgen dieses Wachstums bewältigen wolle.
Scholz beschwor das Bild einer Stadt, die auf Bürgerfleiß gebaut sei und jedem eine Chance biete. „Alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt brauchen das Versprechen, dass sich ihre Anstrengung lohnt und dass wir niemanden am Wegesrand zurücklassen.“ Dabei wolle er nicht die Umwelt schützen, indem er Wachstum verhindere. Im Gegenteil: „Wir wollen Wachstum ermöglichen, indem wir die Umwelt schützen“, versprach Scholz.
Wie das gehen soll, führte der Bürgermeister auf dem Feld der Verkehrspolitik aus: Die europäischen Grenzwerte für Luftschadstoffe seien nur durch ein Bündel von Projekten einzuhalten. Eine City-Maut werde nicht helfen, wohl aber die Elektrifizierung des Straßenverkehrs. Der öffentliche Nahverkehr müsse ausgebaut und bis zu den 2020er- Jahren intermodal organisiert werden, indem er einen reibungslosen Wechsel zwischen Gehsteig, Bus, Fahrrad, Mietauto und Schnellbahn ermöglicht.
Drehscheibe der Wirtschaft werde der Hafen bleiben, weil sich an diesen so viele wirtschaftliche Aktivitäten andockten – von den Banken bis zur Industrie. Als Zukunftsfelder nannte er die Luftfahrt, die Windkraft, Games und Social Media. Der Teilchenbeschleuniger Desy solle zum Kern eines Wissenschaftsclusters werden.
Um das Wachstum zu bewältigen, sieht Scholz einen Bedarf an 100.000 neuen Wohnungen. „Hamburg besitzt viele attraktive Flächen, die wir noch nicht städtisch erschlossen haben“, sagte er. Das dürfe nicht bedeuten, dass die Wohnungen zu Lasten der Grünflächen gebaut werden, warnte der BUND, oder dass gar 85.000 zusätzliche Autos die Straßen belasteten. Dem Senat fehle ein Konzept für eine ökologisch orientierte Stadtentwicklungspolitik. KNÖ