: Viele Rebellionen im Kleinen
WIDERSTAND Eine Studie untersucht die neuen Protestformen der Bürger. Wie viel Macht haben sie tatsächlich, um die bestehenden Verhältnisse zu ändern?
Überall in der Republik protestieren Bürger und Bürgerinnen gegen was auch immer – am prominentesten war der Widerstand gegen den Relaunch des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Stuttgart 21 ist gerade für schwarzgelbe Politiker in Baden-Württemberg zur Gruselchiffre geworden, weil der Aufstand gegen das Projekt ihnen den Verlust der Macht im Bundesland eingetragen hat.
Andere Prestige- und Großprojekte ziehen nicht minder Dissidenz auf sich. Jetzt gibt es eine erste, gründliche Studie des Göttinger Politikwissenschaftlers Franz Walter. Anfang nächster Woche ist sie im Buchhandel erhältlich, Titel: „Die neue Macht der Bürger – Was motiviert die Protestbewegungen?“. Was die AutorInnen aus ihren Analysen destillieren konnten, ist vor allem dieser Befund: Der moderne Bürgerprotest rekrutiert sich vorwiegend aus älteren, finanziell nicht klammen Männern; Oppositionen jüngerer Menschen finden sich überwiegend im Internet.
Aber die wichtigste Frage zu den neuen sozialen Wutbewegungen könnte auch so formuliert werden: Sind solche Aufstände wie gegen den Stuttgarter Bahnhof, gegen bestimmte Einflugschneisen zum Berliner Flughafen oder neue Energietrassen durch Wald und Wiesen nicht auch Rebellionen bestimmter Milieus? Also solcher mit Bildung und Kulturkompetenz – und hebeln sie nicht zugleich die gewöhnlichen politisch-parlamentarischen Verhandlungsprozesse aus?
Auf dem taz.lab 2013 geht es auch darum: Erfindet neuen Protest! Mit Franz Walter und mit Bewegungsmenschen. JAF