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Archiv-Artikel

Hellwache Hamburger

NORDDERBY Trotz eines Handicaps gewinnt der HSV mit 2:1 gegen Bremen. Werder rennt vergeblich an

„Wir haben zu kopflos gespielt und die Aktionen nicht durchdacht“

WERDER-COACH SCHAAF

HAMBURG taz | Die Fans von Werder Bremen und dem Hamburger SV haben ein gemeinsames Problem. Ihr Lieblingsvers – „Die Nr. 1 im Norden sind wir“ – lässt sich nur schwer in einen singbaren Rhythmus biegen. Deshalb haben sie eine neue Himmelsrichtung namens „Nor’n“ erfunden. Seit gestern Nachmittag ist diese kreative Wortschöpfung bis auf weiteres im alleinigen Besitz der Hamburger, die Werder Bremen verdient mit 2:1 besiegten. Werders Trainer Thomas Schaaf sagte: „Wir haben zu kopflos gespielt und die Aktionen nicht durchdacht.“ Auf diesem Boden hätte sein Team „einfacher“ spielen müssen, analysierte Schaaf.

Werder reiste mit schlechten Erinnerungen an eisige Bodenverhältnisse und polare Temperaturen in Hamburg an. Vor drei Jahren schlitterten sie auf ähnlichem Geläuf beim FC St. Pauli in eine peinliche Pokalniederlage. Beide Mannschaften begannen mit der erwarteten Aufstellung. HSV-Trainer Bodo Labbadia verzichtete erneut zugunsten von Nachwuchsstürmer Torun auf Nationalspieler Piotr Trochowski. Sein Pendant Thomas Schaaf musste die verletzten Außenverteidiger Fritz und Boenisch durch Prödl und Pasanen ersetzen.

Der HSV gewöhnte sich schneller an die Verhältnisse und setze die Bremer von Beginn an unter Druck. Meist liefen die erstaunlich flüssigen Angriffe über die linke Seite mit Aogo, Jansen und Elia. Ihre staksigen Gegenspieler Mertesacker und Prödl fanden nur scher in einen sicheren Stand. Bereits nach neun Minuten krönte Joris Mathijsen einen dieser Vorstöße im Anschluss an eine Ecke mit dem Kopf zum 1:0.

Danach gewannen die leichtfüßigen Bremer Techniker im Mittelfeld die Oberhand. Doch Naldo traf bei der besten Chance in der 27. Minute nur die Latte. Wenige Minuten später konnte Boateng den davoneilenden Marin nur mit einer Notbremse stoppen und sah die Rote Karte.

Noch während Rozehnal draußen zum taktischen Wechsel für Torun bereitstand, ließ sich Bremens rechte Abwehrseite erneut übertölpeln. Elia passte steil auf Jansen, der den herauseilenden Wiese aus 20 Metern überwand. Bis zur Pause konnte Werder aus der zahlenmäßigen Überlegenheit kein Kapital mehr schlagen.

Auch in der zweiten Halbzeit ließ der Boden keinen entfesselten Sturmlauf der Bremer zu. Die Kombinationen von Özil, Hunt und Marin blieben Stückwerk. Der HSV war mit seinen Kontern jederzeit gefährlich, zumal die Bremer Verteidiger weiterhin mehr rutschten als liefen. Nach einer knappen Stunde musste Wiese erneut nach einem Dribbling von Petric retten. Thomas Schaaf versuchte mit der Einwechslung von Rosenberg und Borowski für Prödl und Özil noch die Wende zu erzwingen.

Das führte aber nur zu einer optischen Überlegenheit – und zum Anschlusstreffer durch Naldo (90. Minute). Gefährlicher blieb der dezimierte HSV, der in Elia den besten Mann in seinen Reihen hatte. Erst in den letzten zehn Minuten kamen die Bremer durch Frings, Hunt und Marin noch zu drei Großchancen, die entweder der glänzende Rost oder die Querlatte vereitelten.

Der Hamburger SV besiegte mit diesem Spiel gleichzeitig den Fluch der letztjährigen Niederlagenserie gegen den Nordrivalen und kann seinen Traum vom ersten Meistertitel nach 27 Jahren mit in die Weihnachtsferien nehmen. RALF LORENZEN