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Archiv-Artikel

Nur scheinbar paradox KOMMENTAR von NICK REIMER

China baut gerade acht Atomkraftwerke. Das ist gut fürs Klima. Deutschland will aus der Atomenergie aussteigen. Auch das ist gut fürs Klima. Ein Widerspruch? Mitnichten: Beides ist nur konsequent.

Proportional zu Chinas rasantem Wirtschaftswachstum wächst der Energiehunger. Solange der mit fossilen Brennstoffen gedeckt wird, bedeutet das einen rasant steigenden Treibhausgas-Ausstoß. Gelingt es nicht, die weltweiten Emissionen zu senken, wird das neben katastrophalen Folgen für die Umwelt zu schweren wirtschaftlichen Verwerfungen führen. Vor der Klimakonferenz in Montreal stellen Wissenschaftler deshalb klar: Die Kioto-Vereinbarung reicht längst nicht aus. Dabei sind die meisten Industriestaaten weit davon entfernt, auch nur annähernd ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Windräder und Zertifikathandel – die Instrumente, die sich Politik und Wirtschaft ausgedacht haben – bringen zu wenig. Auch deshalb ist der deutsche Atomausstieg wichtig für den Klimaschutz: Er erhöht den Druck auf die Stromwirtschaft, neue, klimaschonende Technologien zu entwickeln.

Statistisch gesehen verbraucht Deutschland pro Kopf immer noch zehnmal mehr Energie als China. Nicht zu Unrecht argumentieren Länder wie Indien, Brasilien oder Südafrika: Ihr Industrienationen habt erst unsere Steinkohle ausgebeutet und uns so das Klimaproblem beschert; jetzt von uns Mäßigung zu verlangen ist eine neue Form von Kolonialismus. Das ist nachvollziehbar – und dennoch bleibt das Klimaproblem, zu dem diese Länder zunehmend beitragen.

Seit 60 Jahren wird jetzt schon aus Uran Strom erzeugt. In diesen 60 Jahren ist es nicht einmal ansatzweise gelungen, das Atommüllproblem zu lösen. Offen ist, ob es überhaupt gelöst werden kann. China würde deshalb liebend gerne emissionsfreie Kraftwerke bauen, die keine AKWs sind. Die aber müssen erst noch entwickelt werden. Dem nahenden Ende der Atomkraft in Deutschland sei Dank: Vattenfall hat gerade den Bau eines fossilen Kraftwerks beschlossen, das dem Klima nicht schadet. Das wird bestimmt ein Exportschlager – auch nach China. Das hat schließlich auch schon das Erneuerbare-Energien-Gesetz importiert.