Schwere Schlappe für George Bush

Die Partei des US-Präsidenten scheitert bei den Haushaltsverhandlungen mit geplanten Einsparungen in Milliardenhöhe. Die Kürzungen gingen selbst Republikanern zu weit

WASHINGTON taz ■ Zum ersten Mal nach ihrer Machtübernahme im Repräsentantenhaus vor einem Jahrzehnt mussten die Republikaner eine schwere Niederlage einstecken. Mit 224 Nein- zu 209 Ja-Stimmen scheiterte die Führung der Republikaner am Donnerstag überraschend mit ihren 124-Milliarden-Dollar-Kürzungsplänen im Sozial-, Gesundheits- und im Landwirtschaftsbereich. Mit den Sparplänen sollen die Ausgabensteigerungen durch den Irakkrieg und den Wirbelsturm „Katrina“ ausgeglichen werden, die zu einem drastischen Anwachsen des Haushaltsdefizits geführt haben.

Kürzungen waren in den kommenden fünf Jahren vor allem vorgesehen bei Programmen wie der staatlichen Krankenversicherung Medicaid, bei Schülerkrediten und der Hilfe für Arme. Den Demokraten gelang es mit Unterstützung von 22 gemäßigten Republikanern auch, den Haushalt für Erziehung und Gesundheit scheitern zu lassen, der auch erstmals seit Jahren Kürzungen in diesen Bereichen vorsah. Der Haushalt sei ein „Verrat an den Werten der Nation und ihrer Zukunft“, erklärte der demokratische Abgeordnete Steny H. Hover. Und die Fraktionsvorsitzende der Demokraten, Nancy Pelosi, sprach von einer schweren Niederlage für die Republikaner. Schon in der vergangenen Woche waren die Pläne Präsident George W. Bushs für Ölbohrungen in Naturschutzgebieten von Alaska grandios gescheitert.

Die Bush-Regierung hatte bislang festgeschriebene automatische Erhöhungen für Programme wie Medicaid im Gesundheitswesen, Ausbildungsförderungen und Schulessen stoppen wollen. Dabei hatten offensichtlich selbst einige Republikaner Bedenken, die sich 2006 bei den Kongresswahlen zur Wiederwahl stellen müssen. Parlamentspräsident Dennis Hastert und Mehrheitsführer Roy Blunt, beide Republikaner, versuchten am Donnerstag in stundenlangen Gesprächen und einer ungewöhnlich aggressiven Debatte, zaudernde Mitglieder der Regierungsfraktion für einen Kompromissvorschlag zu gewinnen.

Zwar umfasst das nun auf den Weg gebrachte Gesamtpaket, das Sozialprogramme bis Ende des Jahrzehnts umfasst, noch insgesamt 50 Milliarden Dollar (42,8 Milliarden Euro). Hastert ließ aber die kritisierten harten Schnitte, wie die geplante Erhöhung des Eigenbeitrags für ärmste Medicaid-Patienten, streichen. Gemessen an den geplanten Ausgaben für denselben Zeitraum von 14 Billionen Dollar sind dies nur geringe Einsparungen. Die Kürzungen seien jedoch ein Schritt zur Wiederherstellung von Haushaltsdisziplin, sagten Befürworter.

Das zähe Ringen kommt nicht von ungefähr. Spiegelt es doch den Unmut in den republikanischen Reihen über die sinkende Popularität ihres Präsidenten George W. Bush wider. Deutlich ist hier auch das Fehlen der ordnenden Hand Tom DeLays, des im Oktober nach einer Anklage zurückgetretenen republikanischen Fraktionsvorsitzenden. DeLay ist wegen Geldwäsche und illegaler Parteienfinanzierung in Texas angeklagt und wartet auf ein Gerichtsverfahren.

Die Streitpunkte stehen in den Dezember-Verhandlungen mit dem Senat erneut auf der Tagesordnung. Erst mit Zustimmung beider Häuser des Kongresses ist der Haushalt, der bis Jahresende stehen muss, verabschiedet.ADRIENNE WOLTERSDORF

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