: Stiefkind Königsklasse
DOKUMENTATIONEN Filmemacher kritisieren die ARD wegen schlechter Bedingungen und mieser Bezahlung
Der Programmdirektor der ARD kann die Kritik mal wieder nicht nachvollziehen: Rund 300 Stunden Dokumentarfilm habe das Erste 2012 ausgestrahlt, das seien fast eine Stunde pro Tag, sagte Volker Herres der Nachrichtenagentur dpa – und wehrte sich damit erneut gegen die immer wieder laut werdende Kritik von Dokumentarfilmern, die ARD würde die „Königsklasse im Programm“ (O-Ton Herres) nur stiefmütterlich behandeln.
Die Autoren kritisieren zum einen zu späte Sendeplätze – ein Beispiel: das Erste versendet am 3. April die aktuell Oscar-nominierte NDR-Koproduktion „Töte zuerst – Der israelische Geheimdienst“ mittwochabends um 22.45 Uhr. Zum anderen wird die unterdurchschnittliche Bezahlung der nicht im „Tarifvertrag für Film- und Fernsehschaffende“ berücksichtigten Autoren und Regisseure kritisiert. Deren durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen liegt laut einer repräsentativen Studie des Berufsverbands Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm bei mageren 1.380 Euro. Die ARD kontert dann jedes Mal mit Zahlen – 9.092 Stunden Reportagen und Dokumentationen in 2012 ausgestrahlt, jährlich werden 2.027 Stunden neu gedreht.
Wer 2013 ein Stück vom Kuchen bekommt, wurde nun zum Teil am Rande der aktuell in Berlin stattfindenden internationalen Filmfestspiele Berlinale entschieden. Dort kürte man die Gewinner der Dokumentarfilm-Initiative „Blickpunkt Deutschland“. „Betongold – Kaufrausch in Berlin“ von Holger Preuße und Andreas Wilcke und „Das gelobte Land – Deutschland provokant positiv“ von Peter Scharf und Birgit Schulz sollen mit einem „Primetimesendeplatz im Ersten“ belohnt werden. Außerdem will man sich auch um den drittplatzierten Beitrag mühen. Dafür müsste man dann allerdings woanders (Sportrechte, Talkshows) sparen – oder besser: sparen wollen. ANNA KLÖPPER