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Archiv-Artikel

Sachensucher und Klangsammler

Das Londoner Künstlerduo Peter Reder und Tom Wallace erforscht die Bremer Identität. Bislang gefundene Indizien: Möwengeschrei und Werderjubel, Straßenbahn-Ächzen und Fahrradgeklingel. Ein Projekt des Bremer Weltspiels

Wer hätte gedacht, dass die Möwen frühmorgens am Weserwehr so laut kreischen? Das Glockenspiel mischt sich auf dem Soundtrack dazwischen, eine Ansagerstimme verkündet das Abfahren eines Zuges. Eine Stadt, ein Klangteppich. Zwei Wochen lang sammeln sieben Bremerinnen und Bremer unter der Regie des Londoner Künstler-Duos Peter Reder und Tom Wallace Fundstücke und akustische Eindrücke. Das Ergebnis wird die Performance „City of Dreams“ sein: Ein Stadtplan als verspielte Assemblage der Fundstücke entsteht live, begleitet von der Klangcollage.

Nach der offiziellen Lesart Bremer Geschichte wird gesucht, wie sie die Stadtführer gerne zeigen – und nach den Rissen im Bild. Geschichtsvergessene Bewohner, die in Marktplatznähe wenig diskret ihr Geschäft erledigen, sind da ein gefundenes Fressen für die Spurensucher. Auch persönlichen Assoziationen gehen sie nach: dem Anfahren der Straßenbahn oder dem Schneiden von Döner. „Ob das typisch für Bremen oder Deutschland oder die ganze Welt ist, ist egal“, sagt Peter Reder. „Wir können nicht so tun, als gäbe es die Globalisierung nicht.“

Entstanden ist die Idee in einer Londoner Jugendtheater-Gruppe. „Wir haben zusammen die Stadt erkundet. Dabei kam heraus, dass sie nur ihre triste Wohngegend und die Einkaufsstraßen kennen“, berichtet Reder. Ein einfacher Stadtplan aus urbanen Fundstücken entstand. „Aber erst, als wir den Soundtrack hinzugefügt haben, konnten die Teenager ihre Erinnerungen und Emotionen darin wiederfinden.“

„City of Dreams“ wurde vom Bremer Weltspiel an die Weser geholt. Nach dem Scheitern der Kulturhauptstadt-Bewerbung haben sich die Projektakquisiteure von der Perspektive auf Europa abgewandt. „‚City of Dreams‘ passt perfekt in das neue Konzept, das den Blick wieder auf die Identität Bremens lenkt – gesehen von auswärtigen Künstlern“, erklärt die Theatermacherin und Projektteilnehmerin Katrin Bretschneider.

Reder hat sich bereits von London, Gießen, Singapur und Brisbane zu einer „City of Dreams“ inspirieren lassen. Da bietet sich ein Vergleich an. Die Bremer scheinen verhältnismäßig zivilisierte Leute zu sein, meint er. Zumindest nach dem Geräuschpegel zu urteilen. Ein Klang, den es nur hier gibt? Ganz klar: die Mischung von Werder-Schlachtrufen und Fahrradklingeln.

Annedore Beelte

29. 11., 20 Uhr, 30. 11., 18 und 21 Uhr, in der Schwankhalle.