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Archiv-Artikel

Keine halben Sachen!

Nordrhein-Westfalen braucht Abos: Immer noch und immer wieder. Die Geschichte einer andauernden Rettung. Oder warum die taz nrw heute auf Fotos verzichten musste

Drehen wir einmal die Uhr zurück: 8. Dezember 2003. An diesem Tag startet die tageszeitung in Nordrhein-Westfalen eines ihrer ehrgeizigsten Projekte. Der bis dahin wöchentliche Regionalteil für das größte Bundesland kommt täglich. Die taz ist damit die einzige überregionale Tageszeitung, Deutschlands, die in Nordrhein-Westfalen jeden Tag vier Seiten drauf legt – finanziert aus den Mitteln der neu gegründeten taz Entwicklungs KG.

Hiobsbotschaft

Die Stimmung ist gut: Endlich täglich! Jahrelang wurde darauf hin gearbeitet. Doch nach einem Jahr kommt die erste Hiobsbotschaft: Der Wirtschaftsplan hatte eine Auflagensteigerung vorgesehen und vor allem neues Kapital in der Entwicklungs KG für Nordrhein-Westfalen. So weit der Wirtschaftsplan – aber was sind schon Pläne? Im Winter 2004 wird klar, dass die Abo-Entwicklung hinter den Erwartungen zurückbleibt. Genauso die Einzahlungen in die taz-Entwicklungsgesellschaft. Wenig später wird diese Kapitalakquise durch eine drohende Gesetzesänderung der damaligen Bundesregierung sogar vorübergehend gestoppt. Was also tun? Den Verlag um Geld bitten?

Geht nicht. Die taz wird von ihren LeserInnen finanziert und bindet sich nicht an irgendeinen Konzern, der die Richtung vorgibt. Also bleibt im Frühjahr 2005 nur eine Möglichkeit: Die LeserInnen bitten, Abonnements zu schalten, damit die taz nrw wieder ein wirtschaftlich tragfähiges Fundament erhält.

Bis zum 30. Juni 2005 sollten so 1.000 neue Abos zusammen kommen. Das war unser Ziel. Doch es wurde nur halb erreicht.

Zwar konnten wir 635 zusätzliche AbonnentInnen gewinnen – dafür noch mal vielen Dank an alle Neu-AbonnentInnen! Um die Wirtschaftlichkeit der taz nrw auf Dauer zu stabilisieren und weiter erscheinen zu können, wurden im nächsten Schritt die Fenster für Köln und das Ruhrgebiet geschlossen. Stattdessen bringen wir seitdem vier durchgehende Seiten für NRW, was wir auch sinnvoller finden. Nun erscheint eine Regionalausgabe aus einem Guss, überall im Land. Und wir können unsere Kapazitäten in Redaktion und Verlag voll und ganz auf eine gemeinsame Ausgabe konzentrieren. Auch deshalb, weil wir den vorgesehenen Abbau von fünf Redaktionsstellen ohne Kündigungen hinbekommen haben durch Fluktuation, Stellenreduzierungen und Erziehungsurlaub. Also alles in Butter?

Im Rettungsboot

Minichten. Zwar ist die Grundlage durch die Erfolge der Kampagne in der ersten Jahreshälfte und durch die Umstrukturierungen gelegt. Aber das ist nur die halbe Miete. Anders gesagt: Die taz nrw ist nur halb gerettet, wir rudern in einem lecken Rettungsboot Richtung Ufer – allerdings nur mit einem Paddel. Denn: Seit 1. Juli diesen Jahres stagniert die Aboauflage in NRW wieder. Mal kommt hier ein Abo dazu, mal fallen da ein paar weg. Doch alles in allem herrscht eine Flaute. Und was das bedeutet, wenn es so weiter geht? Die taz nrw kommt abermals in die finanzielle Bredouille. Denn ausschließlich Geld aus der Entwicklungs KG nutzt wenig, schon dehalb, weil davon auch andere Unternehmungen der taz finanziert werden.

Was wir dagegen brauchen, sind LeserInnen, die uns tagtäglich unterstützen, LeserInnen, mit denen wir rechnen können – ebenso wie die LeserInnen damit rechnen können, dass jeden Tag eine taz mit NRW-Teil auf ihrer Fußmatte liegt.

Spannende Zeiten

Drehen wir also die Uhr kurz nach vorn: 19. Dezember 2005. An diesem Tag ziehen wir um ins neue Hauptstadtbüro in Düsseldorf. Die Belegschaften aus Köln und Bochum verschmelzen zu einer einzigen Redaktion. Fortan arbeiten die Redakteure von einem Ort aus. Keine halben Sachen mehr!

Wie es aussieht, wenn man halbe Sachen macht, das haben wir Ihnen in dieser fotofreien Ausgabe ja bereits demonstriert. Und glauben Sie es ruhig: Zum Thema „halbe Sachen“ fällt uns noch einiges ein. Eine spannende Vorweihnachtszeit. Stellen Sie sich nur mal vor, Sie bekämen einen Text vorgesetzt, der einfach so mitten im Satz oder, ungünstiger noch: mitten im Wort aufhTAZ NRWVERLAG UND REDAKTION