„Ein Weltbild zum Kotzen“

MUSIKPREIS Kraftklub und MIA. wollen nicht für den Echo nominiert sein – weil die als rechts geltende Band Frei.Wild es ebenfalls ist

„Wir haben unsere Plattenfirma gebeten, dafür zu sorgen, dass unsere Nominierung für den Echo zurückgezogen wird. Wir möchten nicht weiter in einer solchen Reihe genannt werden. Schade um die schöne Aftershowparty“

KRAFTKLUB AUF FACEBOOK

„Ich will nicht nach Berlin“ – so heißt erste Single-Auskopplung aus „Mit K“, dem Debütalbum von Kraftklub, für das die Chemnitzer Band für einen Echo nominiert ist. „Ich will nicht nach Berlin“, sagten sich Kraftklub auch am Mittwoch: Sie gaben ihre Nominierung zurück. „Wir möchten nicht weiter in einer solchen Reihe genannt werden“, schreiben sie auf ihrer Facebook-Seite.

Diese Reihe der Nominierten in der in der Kategorie „Rock/Alternative“ liest sich folgendermaßen: Die Ärzte, Frei.Wild, Kraftklub, MIA., Unheilig. Was nicht stimmt an der Reihe? Es geht um Frei.Wild. Die Südtiroler Band, die zum zweiten Mal für einen Echo nominiert ist, macht zum einen recht harte und konventionelle Rockmusik. Zum anderen steht sie wegen ihrer Texte und wegen der Vergangenheit von Sänger Philipp Burger im Verdacht, nationalistisch zu sein.

Burger, der bis 2008 Mitglied der rechtsliberalen, FPÖ-nahen Südtiroler Partei Die Freiheitlichen war und früher in der italienischen Rechtsrockband Kaiserjäger spielte, hat sich mehrfach öffentlich von einer rechten Gesinnung Frei.Wilds distanziert. Die Band besteht darauf, unpolitisch zu sein. Angesichts von Textzeilen wie „Kreuze werden aus Schulen entfernt / Aus Respekt vor den andersgläubigen Kindern“ (aus: „Das Land der Vollidioten“) bleiben daran berechtigte Zweifel.

Am Mittwochabend zog dann auch MIA. ihre Nominierung mit der Begründung zurück, dass „unter den aktuell Nominierten mit Frei.Wild eine Band genannt wird, deren Weltbild wir zum Kotzen finden.“ Die Ärzte schrieben auf ihrer Webseite: „Da uns der Echo sowieso nie interessiert hat und unsere politische Einstellung hinreichend bekannt sein sollte, liegt der Rest in den Händen der sicherlich weisen Juroren.“

Beim Echo wird nicht nach künstlerischen Kriterien nominiert, sondern auf Grundlage der Chartsplatzierungen. Im Herbst stand das Frei.Wild-Album „Feinde deiner Feinde“ auf Platz zwei der deutschen Albumcharts. Der Bundesverband Musikindustrie, der den Echo ausrichtet, verwies darauf am Donnerstag: „Da keine offensichtlichen Gründe für einen Ausschluss von den Charts vorliegen, zum Beispiel eine Indizierung durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, findet auch die Qualifizierung entsprechend den Echo-Regularien statt.“ Aus diesem Grund blieben Kraftklub und MIA. auch vorläufig auch weiterhin nominiert. Auf die Entscheidung der Jury, die am Ende den Preisträger bestimmt, habe man keinen Einfluss.

Im Februar hatte es bereits eine Kontroverse um Frei.Wild gegeben: Sie sagten ihren Auftritt beim Rockfestival „With Full Force“ ab, nachdem mehrere Kooperations- und Sponsoringpartner des Festivals, unter anderem die Musikzeitschrift Visions sowie Jägermeister, mit Boykott gedroht hatten. MICHAEL BRAKE

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