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WAHL Am Montag berät der SPD-Vorstand das Programm zur Bundestagswahl. Die Jusos wollen das Deutschlandstipendium kippen. Und sie pochen auf Zusagen, wo in der Eurokrise Geld herkommen soll

Die Jusos fordern „eine koordinierende Funktion im Kanzleramt“ für die Gleichstellung

BERLIN taz | An Selbstbewusstsein mangelt es den Sozialdemokraten nicht. Ihr Wahlprogramm nennen sie kühn „Regierungsprogramm“. Das klingt nach Machtoption – und nicht nach den aktuellen Umfragewerten des ZDF-„Politbarometers“, laut denen die SPD gerade wieder um zwei Punkte von 30 auf 28 Prozent gerutscht ist.

In einem halben Jahr wird gewählt. Deshalb diskutiert die SPD aktuell ihr Programm, mit dem sie die Wähler überzeugen will. Am Montag will sich der Vorstand über das gut 100 Seiten starke Papier abstimmen, nochmals diskutiert und beschlossen wird es im April auf dem Bundesparteitag in Augsburg.

Nun melden die Jusos Änderungswünsche an. In neun Punkten sehen sie Bedarf, den „Vorentwurf zum Regierungsprogramm“ zu ergänzen oder zu ändern. „Für die Dinge, für die wir im Parteivorstand keine Mehrheit finden, werden wir spätestens auf dem Parteitag für Mehrheiten werben“, sagt Juso-Chef Sascha Vogt der taz.

Die spektakulärste Forderung der Jungsozialisten ist die nach einer „einmaligen Vermögensabgabe in Europa“. Die Jusos schließen sich damit dem Deutschen Gewerkschaftsbund an, der eine Vermögensabgabe in Höhe von 3 Prozent des europäischen Geldvermögens fordert – bei einem Freibetrag von 500.000 Euro pro Person. Juso-Chef Vogt dazu: „Wenn man die Krise lösen will, muss man sagen, wo das Geld dafür herkommen soll. Was jetzt im Wahlprogramm steht, ist mir zu wenig.“ Dort steht lediglich, man „strebe einen Europäischen Investitions- und Aufbaufonds an“. Konkrete Zahlen fehlen.

Eine weitere Änderung betrifft die Bildungspolitik. Zusätzlich zur „gebührenfreien Bildung von der Kita bis zur Hochschule“ fordern die Jusos das Ende des Deutschlandstipendiums. Dieses 300-Euro-Programm, für das Hochschulen die Hälfte der Förderungssumme bei privaten Sponsoren einsammeln müssen, bevor der Staat Geld drauflegt, verfolge „ein elitäres Bildungsziel, wir werden es deshalb auslaufen lassen“, steht im Juso-Antrag. Das dadurch frei werdende Geld wollen sie zur Reform der Bafög-Praxis verwenden. „Mehr Leute sollen Bafög kriegen statt mehr Geld“, so Sascha Vogt.

Beim Thema Geschlechterpolitik nehmen die Jusos ihren Kanzlerkandidaten beim Wort. Um die Gleichstellung zu gewährleisten, verspricht die SPD Verbesserungen beim Berufsstart, beim Lohn und bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie gleiche Aufstiegschancen für Männer und Frauen. Für Aufsichtsräte und Vorstände börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen will die SPD eine Frauenquote von 40 Prozent festschreiben.

Um das durchsetzen zu können, fordern die Jusos die Schaffung „einer koordinierenden Funktion im Kanzleramt“. Ebendie hatte Steinbrück beim Nominierungsparteitag im Dezember angekündigt: „In meinem Kanzleramt wird eine Staatsministerin für Gleichstellung von Frauen und Männern zuständig sein“, hatte er gesagt.

Beim Thema Waffenexporte fordern die Jusos, dass der Bundestag „über alle Waffenexporte […] abstimmen muss“. Im Vorentwurf steht, die SPD wolle „ein parlamentarisches Gremium […] schaffen, das bei zentralen Waffenexportentscheidungen die Bundesregierung kontrolliert“. Den Jusos gilt jeder Waffenexport als zentral. ANJA MAIER