: Jetzt streiken auch die Schwestern
Pflegepersonal und Techniker der Charité fordern einen Tarifvertrag, gestern gab es den ersten Warnstreik. Die Ärzte haben ihren einwöchigen Ausstand derweil beendet
Nicht nur Ärzte, auch andere Berufsgruppen sind an der Charité von Kürzungen betroffen. Und gehen deshalb auf die Straße. Rund 900 Krankenschwestern und Techniker der Charité nahmen gestern an einem zweistündigen Warnstreik und Protestkundgebungen teil. Sie fordern vom Klinikmanagement einen Tarifvertrag und den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen. Die Charité-Ärzte, deren Kollegen im Bund 30 Prozent mehr Lohn verlangen, beendeten gestern ihren einwöchigen Streik.
Bei den rund 300 nichtärztlichen Beschäftigten, die gestern vor der Charité-Zentrale in Mitte demonstrierten, rief der Ärztestreik gemischte Gefühle hervor. Die Versorgung der Patienten gehe alle Berufsgruppen an, so eine Rednerin. „Was bei den einen draufgepackt wird, geht bei den anderen weg“, kritisierte sie mit Blick auf Ärzteforderungen. Alle müssten solidarisch sein, der Betriebsfrieden sei wichtig.
Ähnlich sahen es die TeilnehmerInnen an der Demo. Die Ärzte-Aktionen seien gerechtfertigt, um gegen überlange Arbeitszeiten zu kämpfen, so eine Krankenschwester. „Aber die Lohnforderungen sind unsolidarisch.“ Eine Kollegin sah das anders: „Die Ärzte müssen sich wehren.“ Wenn die am Ende für 10 Euro pro Stunde arbeiteten, müssten es die Schwestern für 3 Euro tun. „Das ist eine Spirale nach unten.“
Der von der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di organisierte Protest zeigte dabei nicht nur Differenzen zwischen den Berufsgruppen im Krankenhaus auf. Auch im linken Lager knirscht es. Während der hessische WASG-Bundestagsabgeordnete Werner Dreibus bei der Kundgebung Beifall für die Forderung erhielt, die Privatisierung von Krankenhäusern müsse zu Gunsten der Beschäftigten und Patienten gestoppt werden, erntete Wissenschaftssenator Thomas Flierl (Linkspartei) Pfiffe. Zwar setzt sich Flierl für einen Charité-Tarifvertrag ein, der Jobs sichert – die Ver.di-Demonstranten fürchten aber, dass sie dafür draufzahlen müssen.
Die Ärzte beendeten gestern ihren einwöchigen Streik mit einem Protestmarsch. Noch könne man nicht von konkreten Erfolgen sprechen, aber erste, sehr vorsichtige Annäherungen seien zu beobachten, sagte Oliver Peters von der Charité-Ärzteinitiative. Nach Ärzte-Angaben soll es Anfang kommender Woche ein erstes Treffen mit der Charité-Leitung geben. RICHARD ROTHER
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