: Gewinn für alle Beteiligten
Die öffentliche Hand kann durch Contracting in ihren Gebäuden viel Energie sparen und Kosten senken – ohne einen einzigen Euro zu investieren. Mitunter werden Beteiligungsmodelle angeboten: Statt in Fonds investieren Anleger in Energieeffizienz
VON BERNWARD JANZING
Die Sache klingt so verlockend, als müsste ein Haken daran sein. Doch den gibt es nicht. „Wir sparen in jedem Gebäude, das vor 1995 gebaut wurde, mindestens zehn Prozent Energie“, sagt Michael Lowak, Geschäftsführer der MVV Energiedienstleistungen GmbH. Und das geschieht, ohne dass der Gebäudeeigentümer auch nur einen einzigen Euro investieren muss.
Lowak hat am Sitz seiner Firma in Mannheim kürzlich zehn städtische Schulen unter Vertrag genommen. Nun garantiert er der Stadt – nach genauer Prüfung der Gebäude – für den gesamten Pool sogar mindestens 17 Prozent Energieeinsparung. Für die Stadt ist das ein attraktives Angebot, weil sie die Investitionen nicht nur kostenlos bekommt, sondern auch noch von den Einsparungen profitiert.
Einspar-Contracting heißt das Prinzip, und es wird immer populärer. Denn es ist für alle Beteiligten von Vorteil. Beispiel Mannheim: Der Contractor hat mit der Stadt einen Vertrag abgeschlossen und saniert nun auf eigene Kosten die städtischen Schulgebäude. Wo dies nötig ist, werden neue Heizkessel installiert, Regelungen verbessert, Beleuchtungsanlagen erneuert. Das senkt die Energierechnung der Schulen in diesem Fall um mehr als 200.000 Euro jährlich.
Über die Vertragslaufzeit hinweg – hier sind es 14 Jahre – geht der Großteil der eingesparten Beträge an den Contractor. Ein geringer Anteil der Summe kommt aber bereits vom ersten Tag an der Stadt zugute. Nach Ablauf des Vertrages gehen die Anlagen dann kostenlos von der MVV an die Stadt Mannheim über, die nun alleine von den weiteren Einsparungen profitiert. Der Contractor indes hat seine Investitionskosten bis zu diesem Zeitpunkt einschließlich einer Rendite wieder eingespielt. Denn er realisiert nur jene Einsparprojekte, die sich binnen einiger Jahre amortisieren.
Natürlich liegt bei diesem Konzept eine Frage auf der Hand: Wäre es nicht günstiger, die Stadt würde selbst investieren? Dann kämen ihr noch zusätzlich jene Beträge zugute, die ansonsten der Contractor einstreicht. Schließlich will auch der eine auskömmliche Marge erzielen. Vordergründig ist dieser Einwand berechtigt. Allerdings setzt er voraus, dass die Stadt über ausreichend Haushaltsmittel verfügt, um die Investitionen überhaupt tätigen zu können. Da dies bei den Kommunen immer seltener der Fall ist, stellt sich die Entscheidung häufig gar nicht. Meistens gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder investiert ein Contractor – oder es investiert niemand. Dann ist die Umsetzung durch einen Contractor die beste Lösung – finanziell und auch für die Umwelt.
Aber selbst wenn ein Gebäudeeigentümer über die notwendigen Mittel für eine Sanierung verfügt, muss ein Projekt auf eigene Faust nicht unbedingt der günstigere Weg sein. Denn oft können Contractoren die technischen Anlagen und Handwerkerleistungen über Sonderkonditionen günstiger beziehen als der Gebäudeeigentümer.
Nachdem vor allem die öffentliche Hand die Vorteile des Contractings zunehmend begreift, ist die Zahl der Contractoren auf dem deutschen Markt in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Nach Schätzungen von Marktkennern erreicht sie inzwischen eine dreistellige Anzahl. Die Anbieter kommen aus unterschiedlichen Branchen, so zum Beispiel aus der Energiewirtschaft (darunter auch Stadtwerke), aus dem Anlagenbau, der Bauwirtschaft oder aus dem Sektor Gebäudemanagement.
Mitunter werden Projekte des Einspar-Contractings aber auch schon als Beteiligungsmodelle realisiert, als so genanntes Bürgercontracting. Statt in Windkraft- oder Solarfonds investieren Kleinanleger dann in die Energieeffizienz öffentlicher Bauten. Nach diesem Modell sanierte zum Beispiel in Freiburg die Firma Eco-Watt mit privaten Geldern eine Gesamtschule. Ähnlich wurden in Nordrhein-Westfalen mit konzeptioneller Unterstützung des Wuppertal Instituts vier Schulen unter dem Namen „Solar und Spar“ mit Bürgergeld saniert. Und auch die Firma KWA in Bietigheim-Bissingen hat bereits Projekte für Privatinvestoren auf Basis des Einspar-Contractings realisiert.
Die Erfolge sprechen jeweils für sich: Eco-Watt zum Beispiel schüttet seit Jahren eine Rendite von sechs Prozent aus. Der Zins könnte noch weitaus höher liegen, doch die Initiatoren hatten die Ausschüttungen von Anfang an gedeckelt – Erträge, die über sechs Prozent hinausgehen, kommen vertragsgemäß der Schule zugute. Auch die Projekte des Wuppertal Instituts bringen gute Erfolge. Am Aggertal-Gymnasium in Engelskirchen, das mit nunmehr fast drei Jahren schon am längsten läuft, wurde der Stromverbrauch um 40 Prozent und der Wärmeverbrauch um 14 Prozent gesenkt.
Bundesweit lassen sich somit beachtliche Energiemengen einsparen. Auf etwa 800 Millionen Liter Heizöläquivalent jährlich schätzt das Umweltbundesamt das Minderungspotenzial in öffentlichen Liegenschaften, das durch Einspar-Contracting erschließbar ist. Bei Heizölpreisen von 60 Cent je Liter sind das Minderausgaben von fast 500 Millionen Euro jährlich.
Dennoch brauchte das Geschäftsfeld Einspar-Contracting Zeit, sich zu etablieren. Denn die Gestaltung der Verträge ist nicht ganz einfach. In einer Contracting-Vereinbarung müssen schließlich eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden: Es gibt Gleitklauseln für schwankende Energiepreise, damit Contractor und Auftraggeber diesbezügliche Risiken gemeinsam tragen. Es gibt Korrekturfaktoren hinsichtlich des Wetters, damit nicht ein kalter Winter dem Investor die Rendite frisst oder ein milder Winter unverschämt hohe Gewinne bringt. Und es gibt Vereinbarungen zum Thema Nutzerverhalten, damit der Investor keine Vor- oder Nachteile dadurch erhält, wenn zum Beispiel in der betreffenden Schule plötzlich noch Abendkurse angeboten werden (die zusätzlich Energie brauchen) oder die Schülerzahlen sinken (was naturgemäß Energie spart).
All das muss bei Vertragsabschluss unmissverständlich geregelt werden. Doch inzwischen gibt es dafür genügend Beispiele. Vor allem ein Ratgeber des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2000 („Energiespar-Contracting als Beitrag zu Klimaschutz und Kostensenkung“) hat dazu beigetragen, dass das Prinzip Contracting Eingang in die Köpfe von Planern und kommunalen Energieexperten fand.