Per SMS zur Weltmeisterschaft

Susanne Henze und Stefanie Melbeck vom Buxtehuder SV spielen bei der heute beginnenden Handball-Weltmeisterschaft, ohne sich eigentlich qualifiziert zu haben. In St. Petersburg wissen selbst die Spielerinnen nicht, was man nun von ihnen erwarten darf

von CHRISTIAN GÖRTZEN

Der schrille Signalton ihres Handys, der immer den Eingang einer SMS mitteilt, riss Susanne Henze für einen kurzen Augenblick aus der Urlaubsstimmung. Es war eine Nachricht aus der Heimat. Die deutsche Handball-Nationalspielerin griff zügig nach ihrem Mobiltelefon, las die Kurzmitteilung, stutzte und blickte ungläubig hinaus auf das Meer vor der Dominikanischen Republik. „Wir fahren doch zur WM nach St. Petersburg!“ lautete die knappe Botschaft, die Susanne Henze am 30. Juni dieses Jahres erreichte.

„Ich wusste in dem Moment erst einmal gar nicht, warum und weshalb das jetzt so sein sollte. Das war einfach nur irre, und ich war wenig später tierisch aufgeregt“, erinnert sich die 31 Jahre alte Linksaußen, die in der Handball-Bundesliga für den Buxtehuder SV ihre Tore erzielt. Eine kurze SMS-Korrespondenz beseitigte alle Unklarheiten. Das für die Handball-WM der Frauen qualifizierte Taiwan hatte vor wenigen Stunden seinen Verzicht auf eine Teilnahme bekannt gegeben. Eigentlich hätte danach Kasachstan als vierter Asien-Vertreter einspringen sollen. Da aber das kasachische Team nicht zur WM 2003 in Kroatien erschienen war, wurde es vom Welthandballverband (IHF) nicht zur WM 2005 in Russland zugelassen. Deutschland rückte schließlich nach. Mehr Glück geht kaum. Nur zwei Wochen zuvor hatte das DHB-Team noch am Boden gelegen. Der 31:25-Sieg gegen Polen in Oldenburg reichte in der Endabrechnung nicht. Im ersten Qualifikationsspiel in Kielce hatten sich die Polinnen mit 40:30 gegen die deutsche Auswahl durchgesetzt.

Armin Emrich, der seit März dieses Jahres Bundestrainer der Frauen- Nationalmannschaft ist, mag über das Zustandekommen der Qualifikation nicht mehr sprechen. Für ihn zählt nur das Ergebnis, dass sein Team in St. Petersburg ab Montag mit dabei sein wird. „Die Geschichte mit Taiwan und Kasachstan ist aus den Köpfen raus. Unsere ganze Konzentration gilt jetzt dem Weltturnier und unseren Spielen in der Vorrunde“, sagt Emrich.

In ihrer Gruppe bekommen es die Deutschen, die bei der WM 2003 den zwölften und bei der EM 2004 in Ungarn den fünften Platz belegten, mit Olympiasieger Dänemark, Österreich, der Elfenbeinküste, Brasilien und gleich im Auftaktspiel am Montag (17 Uhr, live auf Eurosport) abermals mit Polen zu tun. Emrichs Kreis der Titelkandidaten ist groß. „Oh, da gibt es einige. Dänemark, Korea, Norwegen, Russland, Ungarn gehören dazu. Die alten Bekannten eben. Über unser Abschneiden möchte ich nicht spekulieren.“ Susanne Henze und ihre Buxtehuder Teamkollegin Stefanie Melbeck sehen das deutsche Team auf einem guten Weg – das hätten auch die Ergebnisse der letzten Testspiele gezeigt. Vor allem die Siege gegen Slowenien (33:27 und 31:28) haben den deutschen Frauen Mut gemacht. „In diesen Partien haben wir bewiesen, dass wir bis zum Schluss die Spiele noch herumreißen können. Armin Emrich ermuntert uns zudem immer wieder zu Anspielen und Würfen, die wir uns vor einiger Zeit noch nicht zugetraut hätten“, sagt Susanne Henze. „Wir sind insgesamt selbstbewusster geworden“, ergänzt die 28 Jahre alte Stefanie Melbeck, die im Nationalteam auf Rechtsaußen und im rechten Rückraum zum Einsatz kommen wird. Vom WM-Titel wagen sie dennoch nicht zu sprechen. Da gebe es doch so viele andere gute Mannschaften, sind sich die beiden Vereinskolleginnen einig. „Bei einer WM ist aber alles möglich“, betont Melbeck. Vordringliches Ziel sei das Erreichen der Hauptrunde. Dafür ist ein Platz unter den besten drei Teams der Vorrundengruppe notwendig. Den ersten beiden Spielen gegen Polen und am Dienstag gegen Österreich (17 Uhr, Eurosport) kommt da entscheidende Bedeutung zu.