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: Auf gutem Weg

Warum man sich darüber freuen sollte, dass Sebastian Deisler endlich seine erste Rote Karte gesehen hat

Na ja, es war schon ganz schön rüpelhaft, wie der sonst so nette Basti da zu Werke gegangen ist. Und es gab für Schiedsrichter Merk wirklich nichts anderes zu zeigen als: Rot! Solcherlei ist immer bedauerlich und selbstredend zu verurteilen, weil zuvor meist vorgefallen ist, was im Sport nicht vorfallen sollte, weswegen man es unsportlich nennt. Basti, keine Frage, war an/in Stuttgart unsportlich – und doch muss man das ausnahmsweise nicht bedauern oder verurteilen, sondern darf sich unverhohlen darüber freuen.

Denn zum einen war Basti nicht nur so nett und hat mit seinem Platzverweis den totsicheren Sieg der Bayern über die Schwaben verhindert, was, weit wichtiger, den Vorsprung der Münchner auf vier Punkte hat schrumpfen lassen und der ganzen Bundesliga wieder den Schein von Spannung zurückgegeben hat, zumindest vorübergehend. Zum anderen hat Basti dafür gesorgt, dass der lustige Herr Trapattoni nun doch nicht gleich gefeuert wird, sondern Fußballland mit seinen lustigen Deutschversuchen noch ein bisschen weiter unterhalten darf.

Am meisten muss einen die Karte aber für Basti selbst freuen. Es ist seine erste Rote – und es war ein langer Weg dorthin, ein sehr langer sogar. Basti galt ja mal als das größte Talent, das der deutsche Fußball seit langem hervorgebracht hat. Dann wurde erst ein dauerverletztes Talent aus ihm, später ein ewiges – und irgendwann war das größte, dauerverletzte, ewigste Talent des deutschen Fußballs zu seinem größten Sorgenkind geworden. In dieser traurigen Zeit war Bastis Platz nicht mehr das Spielfeld zwischen den Toren, sondern die Couch beim Psychologen.

Man hat Basti all das damals angesehen. Er wirkte zwar immer noch nett, aber auch immer traurig. Selbst beim Fußball, sofern er überhaupt spielte, wirkte Basti lange Zeit nicht wie der echte Basti, sondern bestenfalls wie sein Schatten. Aber das scheint nun vorbei, schon die ganze Saison über hat man beobachten dürfen, wie Basti gewachsen und besser geworden ist, immer noch größer und immer noch besser. Mittlerweile gibt er bei den Bayern sogar den Ton mit an, zumindest auf dem Platz – und begeht sogar diese kleinen Fouls am Rande, die Ballack so gern macht, taktische Fouls werden die von den Experten genannt.

Das Foul vom Samstag war kein taktisches, sondern eine Rüpelei. Irgendwie müssen Basti die Nerven durchgegangen sein – und das hat er allen gezeigt. Dem alten Basti wäre das nicht passiert, beim neuen hingegen kann das, siehe Samstag, vorkommen. Genau deswegen muss man sich über dieses Rot so freuen. Weil es zeigt: Basti ist auf einem guten Weg. FRANK KETTERER