: Syrer sollen in Wien verhört werden
Das Team des UN-Ermittlers Mehlis will fünf hochrangige Syrer außer Landes zum Mordfall Hariri befragten. Im Libanon wird ein Massengrab mit 26 Toten gefunden
KAIRO taz ■ In zehn Tagen will der Berliner Staatsanwalt Detlev Mehlis im Auftrag der UNO seinen Untersuchungsbericht im Mordfall des ehemaligen libanesischen Ministerpräsidenten Rafik Hariri vorlegen. Noch im Verlauf dieser Woche sollen in Wien fünf hochrangige Syrer in dieser Angelegenheit verhört werden – zum ersten Mal außerhalb ihres Heimatlandes.
Diplomatischen Kreisen zufolge sollen die fünf gestern von Damaskus nach Wien geflogen sein, um dort heute vernommen zu werden. Über die genaue Identität der Vorgeladenen herrscht Unklarheit. Nach libanesischen Presseberichten soll sich darunter auch Assef Schaukat, der Chef des syrischen Militärgeheimdienstes und Schwager des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad befinden. Schaukat war in einem UN-Zwischenbericht von Zeugen belastet worden. Diplomatischen Kreisen zufolge soll Schaukat dagegen nicht unter den nach Wien Zitierten sein. Dort heißt es, dass der ehemalige syrische Sicherheitschef im Libanon, Rustom Ghazali, als höchstrangiges Mitglied des syrischen Sicherheitsapparates vorgeladen sei.
„Eine Kooperation ist entweder vollständig oder es ist keine Kooperation“, warnte Mehlis zuvor die syrischen Behörden, die im Oktober vom UN-Sicherheitsrat unter Androhung weiterer Konsequenzen aufgefordert worden waren, „voll zu kooperieren“. Wenn die UN-Ermittler einen Haftbefehl ausstellten, müssten die Syrer dem Folge leisten, mahnte er.
Doch die UN-Untersuchung verläuft alles andere als reibungslos. Einer der wichtigsten Zeugen der UN-Ermittler, der ehemalige syrische Geheimagent Hossam Taher Hossam, hatte vor einer Woche in einem 75-minütigen Interview im syrischen Staatsfernsehen erklärt, dass er vom Sohn Rafik Hariris, Saad Hariri, mit 1,3 Millionen Dollar bestochen worden sei, um eine Falschaussage zu machen und die syrischen Behörden zu belasten. Aus Damaskus hieß es danach, dass die Grundlagen der UN-Untersuchung damit „vollkommen zusammengebrochen“ seien. Mehlis erklärte daraufhin öffentlich, seine Untersuchung werde davon nicht beeinträchtigt werde, da es nie einen Kronzeugen gegeben habe. Er warf den Syrern vor, „kommunistische Propagandamethoden“ anzuwenden.
Doch drei Tage später verlangte die libanesische Regierung eine sechsmonatige Verlängerung des UN-Untersuchungsmandats. Regierungschef Fuad Siniora forderte UN-Generalsekretär Kofi Annan in einem Telefonat am Samstag auf, die Ermittlungen über den 15. Dezember hinaus fortzuführen.
Auch Ibrahim Gambari, der UN-Sekretär für politische Angelegenheiten, plädierte öffentlich für eine Verlängerung des Mandates, da noch weitere Zeugen befragt und Beweise gesammelt werden müssten. Gambari deutete auch an, dass Mehlis in diesem Falle wahrscheinlich sein Amt jemand anderem übertragen wird. Mehlis hatte zuvor in einem Zeitungsinterview angekündigt, sein Mandat wie geplant zum Jahreswechsel niederzulegen. Auf ihn warteten andere Aufgaben in Deutschland, erklärte er. Sowohl die libanesische Regierun als auch der amerikanische UN-Botschafter John Bolton forderten Kofi Annan auf, Mehlis von der Weiterarbeit zu überzeugen.
Im Libanon selbst verschärften sich am Wochenende erneut die gegen Syrien gerichteten Ressentiments, nachdem im östlichen Bekaa-Tal ein Massengrab mit den sterblichen Überresten von 26 Menschen entdeckt worden war. Die grausige Entdeckung wurde an einer Stelle gemacht, an der sich vor dem Abzug der syrischen Truppen aus dem Libanon im April ein von ihnen geleitetes Gefängnis befunden hatte. KARIM EL-GAWHARY