: Flüchtlingsheime machen krank
ASYL Die Flüchtlinge, die in Berlin in Zelten leben und auf ihre unwürdigen Lebensbedingungen aufmerksam machen, waren gestern in Bremen
„Worum geht’s denn hier?“, will die ältere Frau wissen. „Um Flüchtlinge, die auf die menschenunwürdigen Bedingungen aufmerksam machen wollen, unter denen sie in Deutschland leben müssen“, bekommt sie zur Antwort. „Ach so. Na, das ist ja nichts Neues“, sagt sie und geht weiter. In ihrem Rücken der Marktplatz, auf dem eine Menschenmenge den Erzählungen der TeilnehmerInnen der „Refugees’ Revolution Bus Tour“ lauschen, die noch bis zum 20. März durch Deutschland tourt. Immer 15 bis 20 Flüchtlinge machen dabei Station in einer Reihe von deutschen Städten, gestern war Bremen an der Reihe.
Allein die Teilnahme an der Tour bedeutet einen ständigen Verstoß gegen geltendes Recht. Nach dem Asylverfahrensgesetz dürfen Flüchtlinge den Bezirk, dem sie zugeteilt wurden, nicht verlassen. Deshalb forderten auch gestern die AktivistInnen die Abschaffung dieser sogenannten Residenzpflicht.
Einer von ihnen ist Darlinton. Auf dem Podium spricht der junge Mann aus Nigeria klar und strukturiert auf Englisch über das Leben in Flüchtlingsheimen, die er wie die anderen neben ihm nur „Lager“ nennt. Wie es sich anfühlt, wenn man dazu gezwungen ist, nichts zu tun. Wer kein Aufenthaltsrecht hat, darf nicht arbeiten, keine Deutschkurse besuchen und lebt in vielen Bundesländern in heruntergekommenen Gebäuden oder Containern im Niemandsland.
Darlinton lebte zuletzt in einem Flüchtlingsheim in Bayern, wo – anders als in den anderen Bundesländern – weder Geld noch Gutscheine für Essen und den persönlichen Bedarf ausgegeben werden, sondern Sachleistungen. Die Essenspakete enthielten häufig Lebensmittel, die bereits abgelaufen seien, berichtet er. Wer einen Arzt brauche, höre meistens: „Du bist gesund und brauchst nichts“, Medikamente müssten selbst gekauft werden. Die Menschen seien gezwungen, ein und dieselbe Kleidung zu tragen. „We are treated like prisoners“, sagt er und auf Deutsch: „Nur essen und schlafen.“ Das mache auf Dauer krank, einige würden sich umbringen. „Now our Kopf is kaputt.“
Auch ihn selbst habe die Frustration krank gemacht, erzählt er später. Die Frage, wann er nach Deutschland gekommen sei, kann er nicht beantworten. „Ich weiß oft nicht, was ich gestern gemacht habe.“ Dennoch hat er nicht resigniert. Mit den anderen, mit denen er unterwegs ist und seit Oktober in Berlin in Zelten lebt, teilt er die Wut auf die Gesetze. Und auf die Menschen, die sie gemacht haben und nicht ändern. EIB