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Archiv-Artikel

Zwei Elefanten im Porzellanladen

Bahn-Umzug nach Hamburg vermasselt? Verhandlungsstrategie des Senats erhitzt die Gemüter in der Bürgerschaft. Bürgermeister glaubt weiterhin an den Standort-Wechsel der Bahn, Opposition befürchtet Ausverkauf städtischer Interessen

Von Marco Carini

Erfolgsstory oder Scherbengericht? Die Versuche des Senats, die Deutsche Bahn samt 1.000 MitarbeiterInnen zum Umzug von Berlin nach Hamburg zu bewegen, stand gestern im Zentrum der Debatte in der Bürgerschaft. Während die Opposition dem Senat vorwirft, den möglichen Deal durch unbedachtes Verhalten bereits vermasselt zu haben, sehen sich Bürgermeister Ole von Beust und Finanzsenator Wolfgang Peiner (beide CDU) „auf gutem Wege, eine der wichtigsten Ansiedlungen in der Nachkriegszeit“ doch noch in trockene Tücher zu bringen.

Wie „zwei Elefanten im Porzellanladen“ haben sich von Beust und Peiner bei ihren Ansiedlungsbemühungen verhalten, glaubt GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch. Der Bürgermeister sei „zur Unzeit an die Öffentlichkeit getreten“ und habe „die Hamburger getäuscht“. Denn er habe sie Glauben machen wollen, „der Umzug sei in trockenen Tüchern“, kritisiert SPD-Parteichef Mathias Petersen. Zudem habe der Senat „das gute Verhältnis zu Berlin aufs Spiel gesetzt“, indem er den Beschluss der Bundesregierung harsch kritisiert, die Bahn solle in Berlin bleiben. Und Finanzsenator Peiner habe sogar der Bundesregierung ganz unverhohlen gedroht, ihr die Hamburger Stimmen im Bundesrat und damit die Mehrheit in der Länderkammer zu entziehen.

Das Fazit der Opposition: Wenn es je eine Chance gegeben habe, die Bahn nach Hamburg zu holen, so sei diese nun weitgehend vertan: „Ein stümperhaftes Vorgehen des Bürgermeisters hat viel Porzellan zerschlagen und Hamburgs Chancen fahrlässig verspielt“, so GAL-Wirtschaftsexperte Jens Kerstan.

Ole von Beust mag hingegen „gute Chancen“ erkennen, die Bundesregierung doch noch von „dem wirtschaftlich sinnvollen Umzug“ zu überzeugen. Nur weil die Presse von den seit vier Monaten laufenden Gesprächen mit der Bahn „Wind bekommen“ habe und er sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, „Geheimverhandlungen“ am Parlament vorbei zu führen, habe er die Pläne öffentlich gemacht. Nun hoffe er „auf ein gutes Ergebnis für den Standort Hamburg“. Auch Peiner sieht die Verhandlungen nach dem gestrigen Aufsichtsratsbeschluss der Bahn (siehe Kasten) auf „einem guten Wege“. Den Vorwurf, die Bundesregierung erpresst zu haben, mag er nicht auf sich sitzen lassen. Es sei „keine Erpressung, den Bund auf die Verfassungslage hinzuweisen“.

Während Peiner und von Beust unisono betonen, der Einstieg der Bahn in die Hamburger Hochbahn und das städtische Hafenunternehmen HHLA sei an den Umzug der gesamten Konzernzentrale nach Hamburg gekoppelt, verrieten beide Politiker nicht, ob eine Minderheits- oder Mehrheitsübernahme beider Unternehmen im Gespräch sei. Peiner: „Das klärt sich am Ende und nicht am Anfang der Verhandlungen.“ SPD und GAL lehnen einen Mehrheitseinstieg der Bahn aber einvernehmlich ab. Hamburg müsse bei beiden Unternehmen das Zepter in der Hand behalten, „damit ein Ausverkauf städtischer Interessen vermieden“ werden könne.

Eine ganz andere Gefahr sieht der grüne Fraktionsvize Willfried Maier. Da die hoch verschuldete Bahn beide Unternehmen „nur auf Pump kaufen“ könne, müsse sie das Geld aus der Hochbahn und der HHLA „wieder herausziehen“. Beide Unternehmen würden so „zu Blutspendern für die Bahn“ werden. Das befürchtet auch SPD-Verkehrsexperte Werner Dobritz: „Um die Kredite zu bedienen, wird die Bahn die Preise auch im Hamburger Öffentlichen Nahverkehr zwangsläufig erhöhen müssen.“