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Archiv-Artikel

Ein großer Trinker

BIER Jean Paul und der Alkohol als Kreativdroge

Der große Arno Schmidt tat sich schwer damit, andere große Dichter zu bewundern. Doch über Jean Paul sagte er, dieser sei „einer von den zwanzig, für die ich mich mit der ganzen Welt prügeln würde“. Jean Paul ist jedoch nicht nur als Autor groß, er war auch ein großer Trinker. Indes trank er nicht etwa wie ein Trunkenbold, er trank vor allem für seine Arbeitskraft. „Ich kenne keinen Gaumen-, nur Gehirnkizel; und steigt mir eine Sache nicht in den Kopf, so sol sie auch nicht in die Blase“, schrieb er 1803 in einem Brief an seinen Freund und Bierbesorger Emanuel Osmund.

Ein Genießer war er nicht. „Ich habe nie ein Getränk getrunken bloß für meinen Geschmack als das Wasser; jedes andere nur für die Wirkung.“ Das Bier hatte es dem Dichter besonders angetan, zwar trank er auch Wein und Schnaps, doch Bier war ihm das Liebste. Und er trank fleißig: „Heute aber werd’ ich durch Ihre harte Beschuldigung besonders getrieben, daß ich nämlich nicht genug für die Fortschaffung des Bieres sorgte. Wie ich für diese arbeite, wenn ichs habe, bezeuge die Pfartochter und die leeren Fäser.“ Seine Frau Karoline schrieb: „Bei der Einfahrt eines Bierfasses läuft er seliger umher als bei dem Eintritt eines Kindes in die Welt … Mit solcher Ungeduld werden die Stunden gezählt und schon im Voraus mit Trinken gefastet.“

Jean Pauls Briefe weisen zig Stellen auf, in denen er das Bier belobigt, sich über Biersorten beschwert (er zog wegen des Bieres von Berlin nach Bayern), vor allem aber auf Bierlieferungen wartet. Er bettelt geradezu: „Solte das Bier schon unter Wegs sein – was Gott gebe – so bitt ich Sie herzlich, sogleich neues nachzusenden; weil der Transport vom Fas in mich viel schneller geht als von Bayreuth zu mir.“

Er rechtfertigt seinen Durst mit seiner Kunst. „Die Kunst fordert Intension der Anstrengung, nicht Extension; der freilich, aber auf meine Kosten, die Abspannung folgt. Aber mit blossem natürl Feuer ohne äußeres sind gewisse Kalzinier-Effekte gar nicht zu machen; Glas wil ein anderes Feuer als etwa Braten.“

Dem Verleger Wolfgang Hörner ist es zu verdanken, dass all diese wunderbaren Stellen nun in dem Brevier „Bier, Bier, Bier wie es auch komme“ versammelt sind, das, schön gestaltet, im Wehrhahn Verlag erschienen ist. So können wir an des Dichters Bierfreuden herzlichen Anteil nehmen! JÖRG SUNDERMEIER

■ Jean Paul: „Bier, Bier, Bier wie es auch komme. Jean Paul und das Bier“. Hrsg. von Wolfgang Hörner. Wehrhahn Verlag, Hannover 2013, 96 Seiten, 10 Euro